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Welche Strafe droht für Beihilfe zur Steuerhinterziehung?

Steuerhinterziehung ist ein Straftatbestand, der mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Und auch wer die Tat eines anderen unterstützt oder fördert, kann sich möglicherweise wegen Anstiftung oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar machen.

1. Definitionen: Täterschaft und Teilnahme

Steuerhinterziehung kann nicht nur für den Steuerpflichtigen mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden. Auch wer zu einer Steuerhinterziehung Hilfe leistet oder anstiftet, begeht möglicherweise eine Straftat. Der Grund dafür ist, dass auch im steuerstrafrechtlichen Verfahren die strafrechtlichen Regelungen des Strafgesetzbuches (StGB) über Täterschaft und Teilnahme zu beachten sind.

Unter Täterschaft und Teilnahme versteht der Strafrechtler im Wesentlichen Folgendes:

Täterschaft

Als Täter gilt derjenige, der eine Straftat selbst (unmittelbare Täterschaft) oder durch einen anderen (mittelbare Täterschaft) begeht.  Ob ein Täter als mittelbarer oder als unmittelbarer Täter handelt, macht für die Strafbarkeit keinen Unterschied.

Beispiel: Wer gegenüber seinem gutgläubigen Steuerberater bewusst unrichtige Angaben macht, die dieser dann in Form der Steuererklärung an das Finanzamt weitergibt, kann sich wegen Steuerhinterziehung in mittelbarer Täterschaft strafbar machen. Da der Steuerberater in Unkenntnis der Falschangaben agiert, handelt der Steuerpflichtige als mittelbarer Täter und wird so bestraft, als hätte er selbst gegenüber dem Finanzamt falsche Angaben gemacht.

Begehen mehrere Täter eine Straftat gemeinschaftlich, spricht man von Mittäterschaft. Die Mittäterschaft zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass mehrere einzelne Täter gemeinschaftlich bei der Tat bewusst und gewollt zusammenwirken. Jeder der Mittäter ist sozusagen gleichberechtigter Partner im Tatgeschehen.

Mittäterschaft bei Steuerhinterziehung ist eher selten und kommt in der Praxis vor allem bei Eheleuten vor, die steuerlich gemeinsam veranlagt werden. Dazu ein Beispiel aus der Praxis:

Beispiel aus der Praxis (BFH, Urteil vom 16.04.2002 – Az. IX R 40/00):Ein Ehepaar wurde vom Finanzamt gemeinschaftlich für die Einkommenssteuerschulden des Ehemannes wegen Steuerhinterziehung in Anspruch genommen. Dabei bestand der „Tatbeitrag“ der Ehefrau allein darin, dass sie die gemeinsame Steuererklärung, in der der Ehemann erwiesenermaßen falsche Angaben gemacht hatte, unterzeichnet hatte. Die Ehefrau klagte gegen die Inanspruchnahme durch das Finanzamt.
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Der BFH entschied in dem Verfahren, dass die Ehefrau den Tatbestand der Steuerhinterziehung weder als Mittäterin noch als Teilnehmerin erfüllt hat. Bei einer Zusammenveranlagung von Ehegatten, liege eine Mittäterschaft des Ehegatten nicht schon dann vor, wenn ein Ehegatte die Einkommensteuererklärung mitunterzeichnet – selbst wenn er von den unrichtigen Angaben seines Gatten Kenntnis hat. Mit ihrer Unterschrift habe die Ehefrau keine falschen Angaben zu den Einkünften ihres Ehemannes gemacht und ihm durch ihre Unterschrift auch nicht Hilfe geleistet.

Teilnahme

Von all diesen verschiedenen Formen der Täterschaft abzugrenzen sind die Teilnehmer einer Tat: Anstifter und Gehilfen. Ihnen gemein ist, dass sie nicht eine eigene, sondern eine fremde Tat unterstützen.

Anstiftung

Ein Anstifter ist in erster Linie jemand, der bei einem anderen den Entschluss zur Begehung einer Straftat hervorruft. Für den Straftatbestand der Steuerhinterziehung sind Anstiftungskonstellationen eher untypisch. Der Entschluss, Steuern zu hinterziehen, wird nur sehr selten von außen hervorgerufen.

Beispiel aus der Praxis: Wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung kann sich strafbar machen, wer einen anderen dazu veranlasst, unversteuerte Zigaretten in das Bundesgebiet zu verbringen (nach BGH, Urteil vom 11.07.2019 – Az. 1 StR 634/18).

Beihilfe

Dass eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Raum steht, geschieht allerdings durchaus häufiger. Eine Beihilfestrafbarkeit kommt immer dann in Betracht, wenn einem anderen bei der Begehung seiner Tat Hilfe geleistet wird.

Beihilfekonstellationen bei Steuerhinterziehungen sind vor allem typisch in Unternehmen oder anderen vergleichbaren Strukturen, bei denen die Umsetzung der Tat in mehreren Schritten erfolgt oder von einzelnen, kleineren Mitwirkungshandlungen abhängig ist. Auch im Bankensektor kann es häufiger zum Tatvorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung kommen.

Beispiel aus der Praxis (BGH, Urteil vom 15.05.2018 – Az. 1 StR 159/17): Das Landgericht Frankfurt am Main verurteilte einen ehemaligen Abteilungsleiter der Deutschen Bank wegen Umsatzsteuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Vier weitere Bankmitarbeiter wurden wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr und drei Monaten und zwei Jahren verurteilt, wobei die Strafen zur Bewährung ausgesetzt wurden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten beim Handel mit CO2-Zertifikaten über deutsche Gesellschaften Emissionsrechte aus dem Ausland gekauft und im Inland über Zwischenfirmen weiterverkauft haben, ohne Umsatzsteuer zu bezahlen. Die jeweils letzte Gesellschaft in der Kette veräußerte die Papiere wieder ins Ausland. Dafür wurde vom Finanzamt Umsatzsteuer zurückerstattet, die tatsächlich nie gezahlt worden war (sog. Umsatzsteuerkarussell).
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Der zur Revision der Entscheidung angerufene BGH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz im Wesentlichen. Nur bei einem Mitangeklagten stellte der BGH einen Rechtsfehler fest. Die Vorinstanz hatte nicht hinreichend geklärt, ob der Angeklagte die Steuerstraftaten auch vorsätzlich aktiv gefördert hatte.

2. Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme

Wer ist Täter und wer ist Teilnehmer einer Tat? Die Antwort auf diese Frage ist nicht immer leicht zu beantworten und seit jeher höchst umstritten.

Die Rechtsprechung entscheidet die Frage vor allem auf der Grundlage des Willens des Täters, wobei sie bei dessen Ermittlung eine wertende Beurteilung aller Umstände vornimmt.

Mit den Worten des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 12.06.2012 – Az. 3 StR 166/12) bedeutet dies Folgendes: Als Mittäter handelt,

wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (…).

Ob und inwieweit danach Mittäterschaft anzunehmen ist, ist vom Gericht „aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen.“

Maßgebliche Kriterien dafür sind:

  • der Grad des eigenen Interesses an der Tat
  • der Umfang der Tatbeteiligung
  • die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft

Gelangt das Gericht dagegen zu der Überzeugung, der Beschuldigte wollte lediglich eine fremde Tat fördern, dann wird es sein Handeln regelmäßig als Beihilfetat einstufen.

3. Strafen bei Anstiftung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung

  • Der Anstifter wird nach dem Gesetz wie der Täter bestraft. Das bedeutet: Wer wegen Anstiftung zu einer Steuerhinterziehung verurteilt wird, wird nach denselben Grundsätzen bestraft wie der Haupttäter. Je nachdem ob ein einfacher oder ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt, beträgt der Strafrahmen somit entweder bis zu fünf Jahre bzw. Geldstrafe oder sechs bis zehn Jahre.
  • Auch die Strafe des Gehilfen richtet sich grundsätzlich nach der Strafandrohung für den Haupttäter. Allerdings gelten dabei besondere Milderungsgründe. Danach dürfen im Falle einer Freiheitsstrafe höchstens drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes verhängt werden. Im Falle der Steuerhinterziehung reduziert sich das Höchstmaß der Freiheitsstrafe auf drei Jahre und neun Monate („einfache“ Steuerhinterziehung) bzw. sieben Jahre und sechs Monate (besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung).

4. Verjährung

Die Verjährung der Anstiftungs- oder Beihilfetat richtet sich jeweils nach der Verjährung der Haupttat. Ist also die Steuerhinterziehung des Haupttäters verjährt, dann ist es auch die Strafbarkeit des Anstifters oder Gehilfen.

Was die Verjährung der Steuerhinterziehung betrifft, so ist zwischen der strafrechtlichen und der steuerrechtlichen Verjährung zu unterscheiden:

  • Die strafrechtliche Verjährungsfrist beträgt bei Steuerhinterziehung grundsätzlich fünf Jahre und beginnt mit Vollendung der Tat. Wann dies der Fall ist, kann je nach Steuerart unterschiedlich zu bewerten sein. Bei Veranlagungssteuern (z.B. Einkommens-, Körperschafts-, Gewerbe-, Erbschafts- oder Schenkungssteuer) beginnt die Verjährung in aller Regel mit dem Erhalt des Steuerbescheids.
  • Hiervon zu unterscheiden ist die steuerrechtliche Verjährungsfrist (sog. Festsetzungsverjährungsfrist). Damit ist diejenige Zeitspanne gemeint, in der ein Steuerbescheid ergehen kann. Diese beträgt bei Steuerhinterziehung zehn und bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

5. Selbstanzeige des Anstifters oder Gehilfen

Sowohl Mittäter als auch Anstifter und Gehilfe können im Fall einer Steuerhinterziehung Selbstanzeige erstatten und auf diese Weise straffrei bleiben. Für die Selbstanzeige gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen wie für den Alleintäter.

Für die Wirksamkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige kommt es also darauf an, dass der Beteiligte die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, sodass die Finanzbehörde die Steuer zutreffend veranlagen kann.

Für den Anstifter oder Teilnehmer, der nicht über sämtliche steuerrechtlich relevanten Informationen und Unterlagen verfügt, kann dies im Einzelfall schwierig zu bewerkstelligen sein. Aus diesem Grund hat das Oberlandesgericht Hamburg folgendes entschieden:

OLG Hamburg, Entscheidung vom 21.11.1985 – Az.: 1 Ss 108/85: Ist der Gehilfe einer Steuerhinterziehung faktisch nicht in der Lage, dem Finanzamt die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen zu offenbaren, so erstattet er bereits dann eine wirksame Selbstanzeige, wenn er dem Finanzamt lediglich mitteilt, dass bestimmte Steuererklärungen unrichtig sind.

6. Fazit

  • Steuerhinterziehung ist nicht nur für den Steuerpflichtigen strafbar. Auch wer zu einer Steuerhinterziehung Beihilfe leistet oder anstiftet, begeht eine Straftat.
  • Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme (=Anstiftung und Beihilfe) ist eine komplexe Angelegenheit. Die Rechtsprechung entscheidet die Frage vor allem auf der Grundlage des Willens des Täters, wobei sie bei dessen Ermittlung eine wertende Beurteilung aller Umstände vornimmt.
  • Die Verjährung von Anstiftung oder Beihilfe richtet sich jeweils nach der Verjährung der Haupttat.
  • Sowohl Mittäter als auch Anstifter und Gehilfe können im Falle der Steuerhinterziehung Selbstanzeige erstatten und auf diese Weise straffrei bleiben.

7. Häufige Fragen

Wie hoch ist die Strafe bei Anstiftung oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung?

Der Anstifter wird nach dem Gesetz wie der Täter bestraft. Das bedeutet: Wer wegen Anstiftung zu einer Steuerhinterziehung verurteilt wird, wird grundsätzlich nach denselben Grundsätzen bestraft wie der Haupttäter.
Je nachdem ob ein einfacher oder ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt, beträgt der Strafrahmen somit entweder bis zu fünf Jahre bzw. Geldstrafe oder sechs bis zehn Jahre.
Auch die Strafe des Gehilfen richtet sich grundsätzlich nach der Strafandrohung für den Haupttäter. Allerdings gelten dabei besondere Milderungsgründe.
Wann verjährt die Strafbarkeit des Anstifters oder Gehilfen im Falle der Steuerhinterziehung?

Die Verjährung der Anstiftungs- oder Beihilfetat richtet sich jeweils nach der Verjährung der Haupttat. Ist also die Steuerhinterziehung des Haupttäters verjährt, dann ist es auch die Strafbarkeit des Anstifters oder Gehilfen.
Kann man bei einer Anstiftung oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung Selbstanzeige erstatten?

Ja, diese Möglichkeit besteht und führt im Falle der Wirksamkeit der Selbstanzeige zur Straffreiheit des Anstifters oder Gehilfen.