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Einspruch gegen einen Steuerbescheid beim Finanzamt

Ein unrichtiger Steuerbescheid ist keine Seltenheit. Schätzungen zufolge soll sogar jeder fünfte Steuerbescheid fehlerbehaftet sein. Gleichzeitig ist die Erfolgsquote beim Vorgehen gegen Steuerbescheide sehr hoch. Von den über drei Millionen bearbeiteten Einsprüchen des letzten statistischen Erhebungszeitraums waren fast zwei Drittel erfolgreich. Die Überprüfung des Steuerbescheids zahlt sich daher im wahrsten Sinne des Wortes aus. Im Folgenden erklären wir Ihnen, wie Sie bei einem Einspruch vorgehen müssen und was es zu beachten gilt.

1. Vorbereitung

Grundsätzlich sollten Sie Ihren Steuerbescheid immer auf Fehler überprüfen. Sofern beantragte und tatsächlich festgesetzte Steuererstattung jedoch in erheblichem Maße voneinander abweichen, sollten Sie auf jeden Fall noch einmal genauer hinschauen.

Fehleranalyse

Ein erfolgreicher Einspruch beginnt mit einer gründlichen Fehleranalyse. Nur wenn Sie dabei zu der Einschätzung gelangen, dass überhaupt Fehler vorliegen, können Sie dagegen im Wege des Einspruchs vorgehen.

Achten Sie dabei zunächst darauf, dass die wesentlichen Formalia stimmen, insbesondere, ob

  • alle Stammdaten zutreffend angegeben sind (Name, Anschrift, Steuernummer, Steuer-ID, Bankverbindung von Ihnen und ggf. Ihrem Ehepartner) und
  • das für Sie zuständige Finanzamt gehandelt hat.

Im Übrigen vergleichen Sie die in Ihrer Steuererklärung getätigten Angaben mit denen im Steuerbescheid. Beginnen Sie dabei mit den Festsetzungen. Prüfen Sie, ob sämtliche in Ihrer Steuererklärung angegebenen Positionen in vollem Umfang berücksichtigt wurden. Ist dies der Fall, besteht grundsätzlich kein Anlass, Einspruch einzulegen. Bestehen jedoch Differenzen. wurde also zu Ihren Ungunsten abgewichen – ziehen Sie den Erläuterungsteil des Bescheides (oft mit „Erläuterungen zur Festsetzung“ überschrieben) zu Rate. Dort sollte festgehalten sein, aus welchen Gründen einzelne Positionen ggf. nicht berücksichtigt werden konnten. Fehlt eine entsprechende Begründung, muss das nicht bedeuten, dass das Finanzamt die Positionen nicht berücksichtigt hat. Das Finanzamt kann auch schlicht vergessen haben, dies in seiner Begründung zu erwähnen. Dagegen vorgehen können und sollten Sie im Zweifel trotzdem, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Finanzamt die Position tatsächlich nicht berücksichtigt hat.

Hinweis: Es kann durchaus vorkommen, dass das Finanzamt die Erwähnung gestrichener Positionen im Erläuterungsteil vergisst. Sie dürfen sich daher nicht allein auf die Angaben im Erläuterungsteil verlassen, sondern sollten unbedingt Ihre Steuererklärung zum Abgleich parat halten.

Nachdem Sie die Festsetzungen geprüft haben, können Sie sich dem Berechnungsteil (oft mit „Besteuerungsgrundlagen“ überschrieben) zuwenden. Hier liegt regelmäßig der Schwerpunkt der Fehlersuche. Dort prüfen Sie insbesondere, ob sämtliche

  • Einkünfte,
  • Sonderausgaben (z.B. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Ausbildungskosten, Spenden),
  • steuerfreien Einnahmen (z.B. Kranken-, oder Elterngeld) sowie
  • alle außergewöhnlichen Belastungen (z.B. Unterhalts-, Kranken-, Pflege- oder Beerdigungskosten)

der Höhe nach korrekt wiedergegeben sind und – wie beantragt – berücksichtigt wurden. Achten Sie auch auf die jeweiligen Zwischen- und Endbeträge.

Außerdem sollten Sie folgende Fragen im Hinterkopf behalten:

  • Stimmt die Berechnung der Entfernungspauschale für Ihren Arbeitsweg?
  • Wurden alle Frei- und Pauschbeträge berücksichtigt?
  • Wurden ggf. Vorauszahlungen einkalkuliert?
Die Liste der möglichen Fehler lässt sich so im Grunde unendlich fortsetzen. Unterm Strich kommt es bei der Fehlersuche darauf an, die Werte der Steuererklärung mit den Inhalten des Bescheides abzugleichen und alle Abweichungen aufzuspüren. Lassen sich die Abweichungen nicht mithilfe der Erläuterungen klären, besteht möglicherweise Raum für eine Korrektur. Das ist jedoch in jeden Einzelfall gesondert festzustellen und lässt sich nicht pauschalieren.

Unklarheiten? Nachfragen!

Sollten bestimmte Inhalte des Bescheids aus Ihrer Sicht unverständlich oder widersprüchlich sein, so scheuen Sie sich nicht, mit den Finanzbehörden in Kontakt zu treten und um Erklärung zu bitten. Auf diese Weise können Sie Missverständnissen vorbeugen und die Korrektur Ihres Bescheides frühzeitig in die richtigen Bahnen lenken.

Falls Ihnen im Rahmen der Prüfung eigene Fehler auffallen (Positionen wurden vergessen oder versehentlich falsch übermittelt), so können Sie diese ebenfalls mit in Ihre Fehleranalyse aufnehmen und im Rahmen des Einspruchs korrigieren lassen.

2. Der Einspruch

Sind Sie im Rahmen der Überprüfung des Steuerbescheids zu dem Schluss gelangt, dass dieser Fehler enthält, können Sie im Wege des Einspruchs dagegen vorgehen. Handelt es sich lediglich um kleinere bzw. offensichtliche Fehler im Bescheid (z.B. Schreibfehler, Rechenfehler o.Ä.), können Sie auch einfach beim Finanzamt anrufen oder anderweitig formlos Kontakt aufnehmen und um eine Korrektur bitten. Offensichtliche Unrichtigkeiten können so zumeist schneller behoben werden.

Achtung: Der Ablauf der Einspruchsfrist wird dadurch nicht gehemmt, selbst wenn Sie dabei zum Ausdruck bringen, dass Sie mit dem Bescheid auf keinen Fall einverstanden sind. Um die Einspruchsfrist zu wahren, muss in formgemäßer Weise Einspruch eingelegt werden.

Form

Oft hört oder liest man, der Einspruch gegen einen Steuerbescheid könne formlos erfolgen. Das stimmt so nicht. Zwar sind die Hürden für in den Einspruch denkbar gering. Sie brauchen also kein bestimmtes Formular oder dergleichen auszufüllen. Eine Form sieht das Gesetz aber sehr wohl vor. Dort heißt es nämlich:

„Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären.“

Schriftlich bedeutet, dass der Einspruch handschriftlich oder maschinell abgefasst und eigenhändig unterzeichnet sein muss. Eine einfache E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht – auch wenn im Gesetz die elektronische Form erwähnt wird. Dazu wäre erforderlich, dass die Behörde einen elektronischen Zugang eröffnet hat und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Das ist in den seltensten Fällen gegeben. Die Niederschrift zu Protokoll setzt Ihre Anwesenheit bei der Behörde voraus und ist eher unpraktisch.

Zu empfehlen ist daher immer der Einspruch als (Ein-)Schreiben, dessen Empfang sie sich am besten bestätigen lassen. Ob Sie in diesem Zusammenhang das Wort „Einspruch“ gebrauchen oder nicht, spielt für die formgerechte Einlegung des Einspruchs keine Rolle.

Frist

Die Frist für den Einspruch gegen einen Steuerbescheid beträgt regelmäßig einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids. Für die Bekanntgabe des Einspruchs gilt zumeist die Drei-Tages-Fiktion und der Einspruch gilt in diesem Fällen am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben.

Die Faustformel lautet also: Poststempel + 3 Tage + 1 Monat = letzter Tag der Einspruchsfrist.

Mit Ablauf der Frist wird der Steuerbescheid formell bestandskräftig und kann dann nur noch in äußerst engen Grenzen korrigiert werden, etwa wenn Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche „offenbare Unrichtigkeiten“ vorliegen.

Hinweis: In den Erläuterungen kann festgehalten sein, dass – z.B. aufgrund einer ausstehenden Entscheidung in der Rechtsprechung – bestimmte Punkte im Bescheid nur vorläufig sind. Gegen diese (und nur gegen diese!) muss aus Gründen der Fristwahrung kein Einspruch eingelegt werden. Vielmehr ergeht nach Klärung der Rechtslage ein gesonderter Bescheid, mit dem zu viel gezahlten Steuern ggf. erstattet werden.

Begründung

Die Begründung ist gewissermaßen das „Herzstück“ des Einspruchs und für dessen Erfolg von elementarer Bedeutung. Sie beruht auf der zuvor durchgeführten Fehleranalyse. Dementsprechend sind hier spiegelbildlich zu den Mängeln im Bescheid alle rechtlichen und tatsächlichen Argumente ins Feld zu führen, die Ihre Auffassung stützen.

Unter Einbeziehung der Begründungen im Erläuterungsteil müssen Sie dazu im Einzelnen darlegen, warum die Ablehnung aus Ihrer Sicht unzutreffend ist. Dies erfordert die Kenntnis der jeweils einschlägigen Rechtslage unter Berücksichtigung fach- und höchstgerichtlicher Rechtsprechung.

Hinweis: Diese Arbeit ist für den Laien nur schwer zu bewerkstelligen. Aufgrund der Bedeutung des Begründungsteils sollten Sie zumindest diesen Teil einem Experten im Steuerrecht überlassen. Dieser kann für Sie prüfen, ob die Behörde bei Ihrer Entscheidung die aktuelle Rechtsprechung zugrunde gelegt oder wesentliche Wertungen im Gesetz übersehen hat.

Kosten

Der Einspruch beim Finanzamt ist kostenlos.

3. Wann Sie Ihren Einspruch zurücknehmen sollten

Legen Sie Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid ein, prüft ihn die Behörde als Ganzes erneut.

Eine genaue zeitliche Grenze für die Dauer der Prüfung ist im Gesetz zwar nicht ausdrücklich festgehalten. Nennt die Behörde jedoch keinen Grund für eine außerordentlich lange Bearbeitungszeit, so wird ihr von der Rechtsprechung regelmäßig eine Entscheidungsfrist von bis zu sechs Monaten eingeräumt. Danach kann gegen die Untätigkeit der Behörde auf gerichtlichem Wege vorgegangen werden.

Hat die Behörde über Ihren Einspruch entschieden, so wird sie entweder am angegriffenen Bescheid festhalten oder ihn abändern. Bei einer Abänderung sind wiederum zwei Szenarien denkbar: Entweder erfolgt die Änderung zu Ihren Gunsten (geringere Steuerlast als im angegriffenen Bescheid) oder zu Ihren Ungunsten (höhere Steuerlast als im angegriffenen Bescheid).

Dass auch zu Ihren Ungunsten entschieden werden kann, erklärt sich so: Da die Behörde den Bescheid umfassend prüft, kann sie bei der erneuten Prüfung auch auf Fehler aufmerksam werden, die sie bei ihrer ursprünglichen Entscheidung noch übersehen hatte. Die Behörde kann dann den Bescheid im Einspruchsverfahren korrigieren. Dies kann zur Folge haben, dass die Steuerlast höher als im ersten Bescheid ausfällt. Eine solche „Verböserung“ des Bescheids ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, da der Behörde durch den Einspruch die Gelegenheit gegeben wird, ihre Entscheidung umfassend neu zu prüfen.

Sollte aus Sicht der Behörde eine Verböserung in Betracht kommen, ist sie verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen. Ihnen gibt das die Gelegenheit, den Nutzen Ihres Einspruchs von Grund auf neu zu überdenken. Sollte nämlich die drohende Steuerlast höher sein als die durch den Einspruch zu erzielende Steuerreduzierung, könnte eine Rücknahme des Einspruchs angebracht sein. In diesem Fall bleibt es bei dem ursprünglichen Steuerbescheid.

Hinweis: Die Entscheidung, wann die Rücknahme des Einspruchs aufgrund einer drohenden Verböserung geboten ist, kann nur im Einzelfall anhand einer Risikoprognose getroffen werden. Entsprechende Unterstützung bei der Entscheidung finden Sie bei einem Fachmann für Steuerrecht.

4. Fazit

  • Offensichtliche Fehler (Schreib- oder Rechenfehler) berichtigt das Finanzamt meist umgehend. Einen Einspruch müssen Sie dann nur sicherheitshalber einlegen, wenn die Frist auszulaufen droht. Ansonsten genügt ein Antrag auf schlichte Änderung.
  • Die Frist für den Einspruch beträgt 1 Monat ab Bekanntgabe. Der Bescheid gilt zumeist drei Tage nachdem der Brief zur Post aufgegeben wurde als bekanntgegeben.
  • Für den Einspruch gilt Schriftform (hand- oder maschinenschriftlich geschrieben und unterschrieben!).
  • „Herzstück“ des Einspruchs ist die Begründung. Hier sollten Sie sich im Zweifel Unterstützung holen.
  • Nach einem Einspruch kann es passieren, dass die Behörde zu Ihren Ungunsten neu bescheidet. Dann sollten Sie eine Rücknahme des Einspruchs in Erwägung ziehen. Auch hier hilft Ihnen ein Steuerrechtler.

5. Was wir für Sie tun können

Die Prüfung von Steuerbescheiden gehört für uns zum Grundhandwerk. Wir beraten Sie bei allen Fragen rund um den Einspruch und stehen Ihnen mit unserem Anwaltsteam auch im Falle einer gerichtlichen Klärung des Steuerbescheids zur Seite.