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So gelingt der Einspruch beim Finanzamt gegen Vorauszahlungen

Steuer-Vorauszahlungen sollen verhindern, dass der Steuerzahler auf einen Schlag mit einer hohen Nachzahlung belastet wird. Korrekt ermittelt, haben die Vorauszahlungen also durchaus einen positiven Effekt. Sind die Berechnungen des Finanzamts jedoch aus Sicht des Steuerzahlers fehlerhaft, weil sie im Ergebnis zu hoch oder zu niedrig sind, kann eine Anpassung der Zahlungen erforderlich sein.

1. Was sind Vorauszahlungen?

Steuer-Vorauszahlungen sind Abschlagszahlungen auf eine bestimmte Steuergesamtsumme, die der Steuerzahler dem Fiskus für eine bestimmte Steuerart (z.B. Einkommens-, Körperschafts-, Gewerbe- oder Umsatzsteuer) voraussichtlich für das betreffende Jahr zahlen muss. 

2. Wie bestimmt das Finanzamt die Höhe der Vorauszahlungen?

Vorauszahlungen werden im Falle der Einkommens-, Körperschafts- und Gewerbesteuer vom zuständigen Finanzamt durch Vorauszahlungsbescheid festgesetzt.

Bei der Umsatzsteuervorauszahlung ergeht kein Bescheid, denn der Unternehmer ist selbst dazu verpflichtet, die Steuer zu berechnen.

Die Bemessung der Vorauszahlungen ist für alle Steuerarten nach den jeweils einschlägigen Gesetzen (z.B. EStG, UStG, KStG, GewStG) und Richtlinien gesondert zu beurteilen. Allerdings gibt es zwischen den einzelnen Vorschriften Parallelen. So wird etwa bei der Bemessung der Vorauszahlungen im Regelfall das Ergebnis der letzten Veranlagung zugrunde gelegt. Wurde bislang keine Steuer veranlagt (z.B. weil die Steuer erstmalig erhoben wird), sind die Vorauszahlungen nach der voraussichtlichen Steuer zu bemessen.

Trotz bereits bestehender Veranlagung kann das Finanzamt in Ausnahmefällen die Bemessung anhand der voraussichtlichen Steuer vornehmen. Das Gesetz enthält lediglich eine Vermutung dafür, dass das Ergebnis der letzten Veranlagung der voraussichtlichen Steuer entspricht. Diese Vermutung ist im Einzelfall widerlegbar!

Einkommenssteuer- und Körperschaftssteuer-Vorauszahlungen sind jeweils quartalsweise am 10. März, 10. Juni, 10. September und 10. Dezember zu entrichten, die Vorauszahlungen für Gewerbesteuer am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November.

Der Vorauszahlungsbescheid steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Er kann daher jederzeit aufgehoben oder geändert werden.

3. Einspruchsverfahren

Ein behördlicher Vorauszahlungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, der gerichtlich oder außergerichtlich überprüft werden kann. Der Einspruch – einschließlich des dazugehörigen Verfahrens (Einspruchsverfahren) – zählt zu den außergerichtlichen Rechtsbehelfen. Im Steuerrecht gilt das Einspruchsverfahren als Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens und soll den Behörden die Gelegenheit bieten, ihre Entscheidung zu korrigieren. Der Einspruch ist somit zunächst einmal ein Instrument, um das Finanzamt auf mögliche Fehler hinzuweisen.

Dass das Finanzamt Fehler macht, ist nicht gerade selten. Massenverfahren der Steuerverwaltung können mitunter sehr fehleranfällig sein.

Erst wenn das Einspruchsverfahren aus Sicht des Steuerpflichtigen ohne Erfolg geblieben ist, kann ein Finanzgericht angerufen werden. Für die Gerichte hat das Einspruchsverfahren somit eine gewisse Filterfunktion.

Frist

Damit der Einspruch Wirkung entfaltet, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Wichtig ist dabei zunächst, dass die Einspruchsfrist gewahrt wird. Diese beträgt regelmäßig einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids. Nach Ablauf der Einspruchsfrist wird der Bescheid bestandskräftig und ist dann – wenn überhaupt – nur noch in engen Grenzen überprüfbar (z.B. ganz offensichtliche Unrichtigkeiten wie Schreib- oder Rechenfehler).

Die Frist für die Einlegung des Einspruchs beginnt nur zu laufen, wenn der Bescheid mit einer korrekten Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist. Diese muss Auskunft geben über:

  • den einzulegenden Rechtsbehelf (Einspruch),
  • den Empfänger des Einspruchs (die konkrete Finanzbehörde und ihr Sitz) und
  • die Frist.

Genügt die Rechtsbehelfsbelehrung diesen Anforderungen nicht, beträgt die Einspruchsfrist ein Jahr.

Form

Der Einspruch muss schriftlich oder elektronisch eingereicht oder zur Niederschrift – d.h. vor Ort beim zuständigen Finanzamt – bei der Finanzbehörde erklärt werden. Dass der Einspruch als solcher bezeichnet wird, ist nicht erforderlich.

Aus dem Schreiben an das Finanzamt sollte sich möglichst klar ergeben, wer den Bescheid angreift. Dies gilt vor allem für Ehegatten. Will ein Ehegatte auch für seinen Ehepartner Einspruch einlegen, so muss dies im Einspruch deutlich gemacht werden.

Es gibt bei Ehegatten keinen Automatismus, wonach der Einspruch des einen Ehegatten ohne weiteres als Einspruch des anderen Ehegatten gewertet wird (vgl. etwa Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.8.2004, Az. IV R 68/02).

Haben zwei Ehegatten einen gemeinsamen Bevollmächtigten (z.B. Rechtsanwalt, Steuerberater), so kann dieser den Einspruch für beide Ehegatten einlegen.

Eine Unterschrift ist für die Wirksamkeit des Einspruchs dagegen nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn sich aus den Umständen und dem Inhalt des Schreibens ergibt, wer den Einspruch einlegt.

Richtiger Adressat

Richtiger Adressat für den Einspruch ist grundsätzlich die Behörde, deren Bescheid angefochten werden soll.

Begründung und Angabe von Beweismitteln

Eine Pflicht zur Begründung des Einspruchs besteht nicht. Das Gesetz sagt nur, dass zur Begründung dienende Tatsachen und Beweismittel angeführt werden „sollen“. Fehlen diese Angaben, kann der Einspruch also allein deshalb nicht als unzulässig verworfen werden.

Tipp: Die Bedeutung der Begründung des Einspruchs ist nicht zu vernachlässigen. Diese signalisiert der Finanzbehörde, an welchen Stellen ein Bescheid fehlerhaft ist und zwingt sie dazu, sich mit den aufgeworfenen Fragen des Steuerrechts auseinanderzusetzen. Diese Chance sollten Sie nicht ungenutzt lassen!

Wenn Sie noch nicht genau wissen, wie Sie Ihren Einspruch begründen wollen, legen Sie erst einmal Einspruch ein, um auf jeden Fall die Frist zu wahren. Die Begründung kann auch noch während des laufenden Einspruchsverfahrens nachgeschoben werden. Lassen Sie sich aber auf jeden Fall von der Behörde schriftlich mitteilen, bis wann die Begründung spätestens nachgereicht werden muss.

Aussetzung der Vollziehung

Nach dem Gesetz wird durch die Einlegung des Einspruchs die „Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts nicht gehemmt“. Was verbirgt sich hinter dieser Formulierung?

Üblicherweise hat im Verwaltungsrecht die Einlegung von Rechtsmitteln (z.B. Widerspruch, Anfechtungsklage) zur Folge, dass eine Entscheidung nicht wirksam wird, bevor nicht abschließend über das Rechtsmittel entschieden ist. Nicht so beim Einspruch gegen den Vorauszahlungsbescheid.

Ein Einspruch führt nicht zur Aussetzung der behördlichen Entscheidung und deren Vollziehung. Die im Bescheid ausgewiesene Zahlungspflicht bleibt somit auch nach Einlegung des Einspruchs bestehen.

Allerdings kann die Behörde im Einzelfall die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Diese sog. „Aussetzung der Vollziehung“ erfolgt entweder von Amts wegen oder kann mit dem Einspruch durch einen eigenen Antrag verbunden werden (Antrag auf Aussetzung der Vollziehung). Die Entscheidung über Aussetzung der Vollziehung steht im Ermessen der Behörde.

Tipp: Der Antrag auf Aussetzung schränkt das Ermessen der Behörde ein und ist alleine aus diesem Grund in vielen Fällen zu empfehlen.

Die Entscheidung über den Antrag hängt davon ab, inwieweit

  • ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheid bestehen oder
  • die sofortige Vollziehung für den Steuerzahler mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden ist.

Entscheidung und Kosten

Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat den Vorauszahlungsbescheid in vollem Umfang erneut zu prüfen. Sie ist nicht an den Antrag oder die Begründung des Einspruchs gebunden. Dadurch können sich im Einspruchsverfahren auch solche Teile eines Bescheids ändern, die mit dem Einspruch gar nicht angefochten wurden. Gleichzeitig kann die Entscheidung laut Gesetz auch zum Nachteil des Einspruchsführers abgeändert werden (sog. „Verböserung“). Dadurch ist bei einem Vorauszahlungsbescheid eine Korrektur der festgesetzten Beträge sowohl „nach oben“ als auch „nach unten“ möglich. Auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung muss die Behörde unter Angabe von Gründen hinweisen. Zudem muss dem Einspruchsführer die Gelegenheit eingeräumt werden, sich dazu zu äußern.

Praxistipp: Das Instrument der Verböserung ist nicht als Strafe für den Gebrauch des Einspruchsrechts gedacht. Gleichwohl erhöht die Ankündigung der Verböserung den Druck auf den Einspruchsführer und mündet nicht selten in der Rücknahme des Einspruchs. Die Chancen auf eine Verbesserung der Rechtslage und das Risiko der Verböserung müssen daher im Einzelfall genau gegeneinander abgewogen werden.

Die endgültige Entscheidung über den Einspruch ist mit einer Begründung und einer erneuten Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und gegenüber allen Beteiligten schriftlich oder elektronisch zu erteilen. Fehlt die Rechtsbehelfsbelehrung oder ist sie fehlerhaft beträgt die Frist für eine Klage gegen den Einspruchsbescheid ein Jahr.

Für das Einspruchsverfahren gilt grundsätzlich Kostenfreiheit (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.8.2009, Az. III B 245/08). Die Behörde kann daher für die Bearbeitung des Einspruchs keine Kosten geltend machen. Die Kosten für ein anschließendes Klageverfahren sind von der (Kosten-)Entscheidung des Gerichts abhängig.

4. Fazit

  • Um gegen einen Vorauszahlungsbescheid vorzugehen, ist der Einspruch in aller Regel das Mittel der Wahl.
  • Der wirksame Einspruch verhindert, dass der Bescheid bestandskräftig wird und sichert Ihnen so eine entscheidende Ausgangslage für weitere Rechtsmittel.
  • Kombinieren Sie Ihren Einspruch mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Wird diesem stattgegeben, gewinnen Sie wertvolle Zeit.
  • Die formalen Hürden des Einspruchs (Form und Frist) sind relativ gering. Fallstricke drohen lediglich bei der Begründung des Einspruchs sowie im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollziehung. Hier sollten Sie sich im Zweifel von einem Experten beraten lassen.

5. Was wir für Sie tun können

Sie möchten gegen einen Vorauszahlungsbescheid vorgehen? Kontaktieren Sie uns. Wir unterstützen Sie bei allen Fragen im Zusammenhang mit Vorauszahlungen. Dazu gehört insbesondere:

  • die Einlegung und Begründung des Einspruchs beim Finanzamt sowie
  • das Stellen und Begründen eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung.

Sollten Sie bereits Einspruch eingelegt haben, unterstützen wir Sie gerne im weiteren Verlauf des Verfahrens (z.B. Nachschieben von Gründen, Klage gegen ablehnenden Bescheid oder Verböserung). Mehr über uns und unsere Beratungsschwerpunkte erfahren Sie hier.