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Strafe für GmbH-Geschäftsführer bei Anzeige wegen Untreue

Nicht selten müssen sich GmbH-Geschäftsführer vor Gericht gegen den Vorwurf der Untreue verteidigen. Häufig waren sich die Betroffenen dabei keiner Schuld bewusst und sind überrascht, dass sie plötzlich unter Anklage stehen. Wir erklären, wie Sie sich jetzt verteidigen.

1. Wann begeht ein Geschäftsführer Untreue?

Der Tatbestand der Untreue ist schneller verwirklicht, als viele Geschäftsführer annehmen.

Abstrakt lässt sich sagen: Wenn der Geschäftsführer sich über die im Innenverhältnis festgelegten Schranken hinwegsetzt und dabei der Gesellschaft ein Schaden entsteht, macht er sich wegen Untreue strafbar.

Für das Verständnis entscheidend ist die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenverhältnis des Geschäftsführers zur GmbH:

  • Im Außenverhältnis hat der GmbH-Geschäftsführer die Funktion und das Recht, die Gesellschaft gegenüber Dritten zu vertreten. Diese Befugnis kann nicht beschränkt werden.
     
    Beispiel: Selbst wenn die GmbH dem Geschäftsführer strikt untersagt, einen bestimmten Kaufvertrag für die GmbH abzuschließen, ist der Vertrag wirksam, wenn der Geschäftsführer dennoch unterschreibt. Für den Käufer spielt keine Rolle, dass der Geschäftsführer sich internen Vorgaben widersetzt hat.
  • Im Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und der Gesellschaft sieht es anders aus: Hier können dem Geschäftsführer durchaus Grenzen gesetzt werden. Beschränkungen im Innenverhältnis sind grundsätzlich in fast jeder Weise denkbar. Festgelegt werden kann beispielsweise, dass bestimmte Geschäfte die Zustimmung der Gesellschafter erfordern – z.B. Geschäftsabschlüsse ab einer Größenordnung von 100.000 Euro oder jeder Verkauf eines Grundstücks der GmbH. Üblicherweise erfolgen solche Vorgaben durch Regelungen in der Satzung der GmbH oder durch eine von den Gesellschaftern verabschiedete Geschäftsordnung.
     
    Beispiel: Der Kaufvertrag im obigen Beispiel ist zwar wirksam; dies bleibt allerdings nicht ohne Konsequenzen für den Geschäftsführer. Dieser begeht Untreue, wenn der GmbH durch den Verkauf ein Schaden entstanden ist (etwa weil der Gegenstand weit unter Wert verkauft wurde).

    Außerdem hat der Geschäftsführer damit seine Pflichten gemäß § 43 GmbHG verletzt, weil er sich über Beschränkungen im Innenverhältnis hinweggesetzt hat. Deshalb haftet er der Gesellschaft für den entstandenen Schaden.

2. Auch Gesellschafter-Geschäftsführer können Geld veruntreuen

Aus der Sicht des Geschäftsführers handelt es sich beim Vermögen der GmbH um fremdes Vermögen, das ihm anvertraut ist und das er zu verwalten hat. Das gilt selbst dann, wenn er alleiniger Gesellschafter der GmbH ist.

Diesen Punkt machen sich viele GmbH-Geschäftsführer nicht ausreichend klar. Bei einem angestellten Geschäftsführer ohne Beteiligung an der GmbH liegt es noch auf der Hand, dass das Vermögen der Gesellschaft für ihn „fremd“ ist und er es nicht veruntreuen darf. Das gilt aber ebenfalls für Gesellschafter-Geschäftsführer, auch wenn sie diesen Punkt gern übersehen.

Ein klassisches Beispiel: Der Geschäftsführer war mit dem Firmenwagen zu schnell unterwegs. Das Bußgeld – eine private Rechnung – bezahlt er vom Konto der Gesellschaft. Er verstößt mit dieser Zahlung jedoch gegen die sog. Vermögensbetreuungsinteressen der GmbH. Diese hat er als Geschäftsführer zu wahren. Deshalb steht ein Strafverfahren wegen Veruntreuung im Raum.

Ähnliches Ungemach droht typischerweise auch bei Spesenabrechnungen oder wenn der Geschäftsführer das Geld der Gesellschaft in hochriskante Geldanlagen steckt.

3. Hilft die Zustimmung der Gesellschafter?

Der Geschäftsführer muss allen Weisungen und Beschlüssen der Gesellschafter Folge leisten. Allerdings können diese pflichtwidriges Handeln eines Geschäftsführers billigen. Dann ist die die Gefahr der Strafbarkeit wegen Untreue (oder auch wegen Betrugs) in der Regel vom Tisch. Diesen Beschluss muss der Gesellschafter niederschreiben, um den Geschäftsführer vor späteren Problemen zu schützen, selbst wenn beide dieselbe Person sind. Das wird häufig vergessen.

Beispiel: Wenn ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss der Bezahlung des Strafzettels vom Firmenkonto zustimmt, dann ist die Angelegenheit erledigt.

In der Regel geht es jedoch nicht so glimpflich ab.

Beispiel: Wenn der Geschäftsführer entgegen den klaren Weisungen in der Geschäftsordnung eine Maschine für eine halbe Million erwirbt und diese sich als untauglich herausstellt, werden die Gesellschafter den Vorgang nachträglich kaum abnicken. Vor allem würde eine nachträgliche Genehmigung nichts daran ändern, dass der Geschäftsführer sich bereits strafbar gemacht hat. Auch eine Anzeige oder einen Strafantrag braucht es nicht; theoretisch muss die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnehmen, wenn sie von dem Vorgang erfährt. Dazu kann es etwa kommen, wenn der Jahresabschluss von einem Wirtschaftsprüfer geprüft wird oder wenn später ein Insolvenzverwalter auf diese Buchung stößt.

Außerdem hat auch die Zustimmung der Gesellschafter ihre Grenzen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Beschluss (BGH, 30. 08.2011, 3 StR 228/11) klargemacht: In dem Fall hatte ein GmbH-Geschäftsführer mehrfach beträchtliche Summen aus dem Vermögen der GmbH an seine Tochter und seine Ehefrau überwiesen. Die Ehefrau war Alleingesellschafterin der GmbH. Das Landgericht als Vorinstanz hatte den Angeklagten wegen Veruntreuung der Gelder gemäß § 266 Abs. 1 StGB verurteilt. Dem folgte der BGH nur zum Teil. Er wies darauf hin, dass das Einverständnis der Gesamtheit der Gesellschafter grundsätzlich den Tatbestand der Untreue ausschließe.

Allerdings gelte dies nur mit Einschränkung. Zwar könnten der GmbH mit Zustimmung der Gesellschafter jederzeit Vermögenswerte entzogen werden, weil diese über die finanzielle Ausstattung der Gesellschaft entscheiden könnten. Die Einwilligung der Gesellschafter kann jedoch pflichtwidrig sein. Beispiele dafür sind Handlungen, die gegen die Pflicht zur Erhaltung des Stammkapitals verstoßen oder die wirtschaftliche Existenz der Gesellschaft gefährden. In solchen Fällen ändert das Einverständnis der Gesellschafter nichts an der Strafbarkeit wegen Untreue.

Der Fall ist gerade auch für Alleingesellschafter relevant, die zugleich Alleingeschäftsführer sind. Selbst sie dürfen über das Vermögen der GmbH nicht schalten und walten, wie sie möchten.

4. Welche Strafe droht Geschäftsführern wegen Untreue?

Auf die Untreue stehen grundsätzlich bis zu fünf Jahre Haft. Dieses Strafmaß wird allerdings nur in seltenen, gravierenden Fällen ausgereizt. Ist der Schaden und die kriminelle Energie überschaubar, kommen die meisten Beschuldigten mit einer Geld- oder Bewährungsstrafe davon.

Auf der anderen Seite droht eine längere Haftstrafe, wenn der Täter oder die Tat ganz bestimmte Merkmale erfüllen. Dazu gehört etwa:

  • Gewerbsmäßige Untreue, also mit der Absicht, auf Dauer ein Einkommen durch die Taten zu generieren.
  • Handeln mit mehreren als Bande.
  • Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt (grob ab 50.000 Euro).

Eine Geldstrafe scheidet hier aus. Die Freiheitsstrafe liegt bei sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Hinzu kommt die Gefahr, dass das Gericht für bis zu fünf Jahre ein Berufsverbot ausspricht. Aus der Tat Erlangtes ist außerdem zurückzuzahlen. Veruntreut der Geschäftsführer also Geld der GmbH, muss er es zurückzahlen.

Das Ziel einer guten Verteidigung ist natürlich ein Freispruch. Ist dies nicht möglich, strebt der Strafverteidiger die Einstellung des Verfahrens (ggf. gegen Auflagen) oder ein mildes Urteil an. In geringfügigen Fällen bleibt die Hauptverhandlung aus und das Gericht belässt es bei einem Strafbefehl.

5. Fazit

  • Ein Geschäftsführer macht sich wegen Untreue strafbar, wenn er seine internen Befugnisse überschreitet und der GmbH so Schaden zufügt.
  • Auch Alleingesellschafter, die zugleich Geschäftsführer sind, können Geld veruntreuen und sich so wegen Untreue strafbar machen.
  • In den meisten Fällen bleibt der Geschäftsführer aber straffrei, wenn die Gesellschafterversammlung sein Handeln im Voraus billigt.
  • In der Regel drohen eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft. Hinzu kommen ggf. ein Berufsverbot oder weitere Jahre Haft, wenn die Tat bestimmte Merkmale erfüllt.