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Vorladung der Polizei zur Vernehmung als Beschuldigter

Bei einer Vorladung zur Vernehmung als Beschuldigter hängt der weitere Verlauf des Ermittlungsverfahrens maßgeblich von Ihrer Reaktion ab. Wie Sie sich verhalten sollten, wenn die Vorladung im Briefkasten liegt und welche Rechte Sie während des Ermittlungsverfahrens haben, erklären wir in diesem Beitrag.

1. Die Vorladung als Beschuldigter im Überblick

Sie werden als Beschuldigter vorgeladen, wenn die Polizei oder Staatsanwaltschaft den Verdacht hat, dass Sie eine Straftat begangen haben. Den Ermittlungsbehörden liegen also erste Hinweise auf eine Tatbegehung vor. Der genaue Sachverhalt ist den Strafverfolgern aber in vielen Fällen noch nicht bekannt. Die Vorladung hat den Zweck, dass Sie vernommen werden.

An dem Ermittlungsverfahren wirken die Polizei oder Steuerfahndung, die Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsrichter mit. In den meisten Fällen lädt Sie aber die Polizei, die Steuerfahndung oder der Zoll vor, da diese primär für die Ermittlungen zuständig sind. In der Vernehmung werden Sie zu allem befragt, was für die Aufklärung der Tat förderlich sein könnte. Häufig wird auch danach gefragt, ob es jemanden gibt, der Ihre Aussagen bestätigen kann.

Beispiel: Geben Sie als Geschäftsführer an, gegen die evtl. strafbare Maßnahme gestimmt zu haben, werden die Ermittler andere Teilnehmer der Sitzung zur Bestätigung Ihrer Aussage befragen und das Sitzungsprotokoll einsehen und ggf. beschlagnahmen.

Wichtig: Eine Beschuldigtenvernehmung findet nicht nur statt, wenn Sie sich in den Büros der Ermittlungsbehörden befinden. Werden Sie beispielsweise bei der Begehung einer Straftat direkt erwischt, kann auch eine Befragung durch die Polizei am Tatort eine Vernehmung sein. Das hat insbesondere zur Folge, dass die Behörde Sie über Ihre Rechte belehren muss. Andernfalls sind Ihre Aussagen später kaum verwertbar.

2. Muss ich die Vorladung befolgen und zur Vernehmung erscheinen?

Ein häufiger Irrtum ist, dass Sie jeder Vorladung Folge leisten müssen. Es kommt aber darauf an, ob die Vorladung durch die Polizei oder die Staatsanwaltschaft bzw. den Strafrichter ausgesprochen wurde:

Haben Sie eine Vorladung der Polizei erhalten? Dann müssen Sie nicht zu dem Termin erscheinen.

Sie sind nicht einmal dazu verpflichtet, die Vorladung abzusagen. Durch das Anschreiben der Polizei haben Sie vermutlich einen anderen Eindruck. Die Polizei bzw. Steuerfahndung möchte, dass der Beschuldigte erscheint und eine Aussage macht, um mit ihrer Ermittlungsarbeit weiterzukommen. Ob Sie tatsächlich erscheinen und wie Sie am besten vorgehen, sollten Sie mit Ihrem Strafverteidiger besprechen.

Viele Mandanten fragen sich: Wirkt es nicht erst recht verdächtig, wenn ich zur Vorladung der Polizei nicht erscheine? Die theoretische Antwortet lautet: Nein. Die Polizei darf das Nichterscheinen nicht zu Ihren Lasten verwerten. In der Realität kann es dennoch dazu kommen, dass die Ermittler Sie nun genauer in den Blick nehmen. Umso wichtiger ist die Absprache mit Ihrem Strafverteidiger.

Anderes gilt bei Vorladungen der Staatsanwaltschaft bzw. durch den Strafrichter. Hier haben Sie die Pflicht zu erscheinen. Im äußersten Fall können Sie sogar zwangsweise durch die Polizei zur Vorladung vorgeführt werden.

3. Ablauf einer Beschuldigtenvernehmung

Obwohl sich Ablauf und Dauer einer Vernehmung von Fall zu Fall unterscheiden, lässt sich der Ablauf einer Beschuldigtenvernehmung grob wie folgt beschreiben:

  1. Sie erhalten die Vorladung als Beschuldigter, in der Ihnen Ort und Zeit der Vernehmung genannt werden.
  2. Vor der Vernehmung teilt Ihnen die Behörde mit, was Ihnen vorgeworfen wird und wer der Geschädigte ist. Oft geschieht dies bereits im Vorladungsschreiben.
  3. Anschließend müssen die Ermittler Sie über Ihre Rechte als Beschuldigter belehren. Meist wird dafür ein schriftlicher Vordruck genutzt.
  4. Nun beginnt die eigentliche Vernehmung, in der Ihnen zahlreiche Fragen zu den Vorwürfen gestellt werden.
  5. Ggf. kommt es zu weiteren Terminen.

4. Aussageverweigerungsrecht von Beschuldigten und Zeugen

Zwar müssen Sie im Einzelfall zur Vernehmung erscheinen; Sie sind als Beschuldigter aber nicht verpflichtet, eine Aussage zu machen. Ohne anwaltliche Beratung sollten Sie sich auch nicht auf eine Aussage einlassen! Wenn Sie schweigen, halten Sie sich mehr Verteidigungsstrategien offen.

Einzige Ausnahme sind persönliche Angaben: Ihren Namen, Wohnort, Beruf sowie Ihre Staatsangehörigkeit und Ihr Geburtsdatum müssen Sie preisgeben.

Wichtig: Ihr Schweigen darf im Übrigen durch die Ermittlungsbehörden nicht zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden. Aus Ihrem Schweigen dürfen also keine negativen Schlüsse gezogen werden. Eine negative Auslegung der Aussageverweigerung wäre zum Beispiel, dass es dadurch wahrscheinlich erscheint, dass Sie die Tat begangen haben. Kein Strafgericht wird deshalb eher zur Verurteilung neigen.

Beachten Sie außerdem den Unterschied zwischen der Vernehmung von Beschuldigten und Zeugen. Letzterer muss im Vergleich zum Beschuldigten grundsätzlich aussagen. Etwas anderes gilt nur, wenn ihm ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Das ist etwa der Fall, wenn er mit der beschuldigten Person verheiratet oder ein näherer Verwandter ist. Ebenso darf der Zeuge schweigen, wenn er sich durch seine Aussage selbst belasten könnte.

5. Brauche ich einen Anwalt?

Die Beratung durch einen Strafverteidiger ist Ihnen dringend zu empfehlen. Während Sie sich als Beschuldigter nach der Vorladung in einem Ausnahmezustand befinden, weiß Ihr rechtlicher Berater, wie Sie das Verfahren möglichst schnell und glimpflich beenden können.

In einigen Fällen kann das Verfahren schon durch eine schriftliche Stellungnahme zu einer Einstellung gebracht werden. Der Strafverteidiger kann auch auf die Strafverfolgungsbehörden zugehen und mit diesen über eine Einstellung unter gewissen Auflagen verhandeln. In beiden Fällen kommt es dann gar nicht erst zu einem Gerichtsprozess. Lässt sich ein Gerichtsverfahren nicht vermeiden, greift Ihr Verteidiger unzulässige Beweise an und bringt entlastende Umstände ein. So haben Sie die größten Chancen, nicht oder nur milde verurteilt zu werden.

In einigen Fällen sind Sie sogar per Gesetz verpflichtet, einen Strafverteidiger hinzuzuziehen. Wählen Sie nicht selbst einen Anwalt aus, bestimmt das Gericht einen sog. Pflichtverteidiger. Bei einer Verurteilung müssen Sie auch die Kosten des Pflichtverteidigers zahlen.

Anwaltszwang besteht unter anderem, wenn

  • ein Verbrechen im Raum steht (also alle Delikte, bei denen die Strafandrohung mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe beträgt, im Wirtschaftsstrafrecht z.B. gewerbsmäßige Betrugsstraftaten oder Urkundenfälschungen als Mitglied einer Bande),
  • Ihnen eine andere schwere Straftat vorgeworfen wird, die zu erwartende Strafe über vier Jahren liegt und das Verfahren deshalb vor dem Landgericht geführt wird,
  • davon ausgegangen wird, dass Sie an einer psychischen Erkrankung leiden,
  • Ihnen ein Berufsverbot droht (z.B. weil Sie unter Missbrauch Ihres Berufs gehandelt haben sollen; etwa ein Arzt, dem ein schwerer Abrechnungsbetrug vorgeworfen wird) oder
  • die Untersuchungshaft angeordnet wird.

6. Welche Rechte haben Sie bei der Vernehmung?

Vor Beginn der Beschuldigtenvernehmung müssen Sie über Ihre Rechte belehrt werden. Das ist wichtig, da die Ermittlungsbehörden andernfalls die Aussage später nicht gegen Sie verwenden können.

Wurden Sie also nicht richtig belehrt, haben Sie gute Verteidigungschancen. Zu solchen Fällen kommt es z.B., wenn Sie zunächst bloß als Zeuge vernommen wurden, obwohl Sie wegen eines entsprechenden Verdachts längst als Beschuldigter hätten geführt werden müssen.

Bei der Art und Weise der Vernehmung sind den Beamten gewisse Grenzen gesetzt. Ihnen steht als Beschuldigter ein faires Strafverfahren zu. Daher sind z.B. diese Methoden während der Vernehmung nicht erlaubt:

  • Körperliche Gewalt wie Fußtritte oder Schläge
  • Schlafentzug
  • Übermäßiger Lärm
  • Androhen von unzulässigen strafverfahrensrechtlichen Maßnahmen, z.B. Entzug des Strafverteidigers
  • Täuschung: Bei der Täuschung werden dem Beschuldigten falsche Tatsachen vorgespiegelt, um ihn zur Aussage zu bewegen. Gerade hier ist der Grat zur (zulässigen) kriminalistischen Taktik allerdings schmal. Die kriminalistische Taktik gibt den Beamten einen gewissen Spielraum, um Sie zu einer Aussage zu bewegen.

Beispiele für kriminalistische Taktik: Fangfragen oder doppeldeutige Erklärungen sind erlaubt. Der Vernehmungsbeamte kann auch eine Mappe mit leeren Seiten durchblättern und dadurch beim Beschuldigten den Eindruck zu erwecken, dass die Ermittlungsbehörden bereits Beweismittel über das Tatgeschehen hätten.

Beispiele für eine Täuschung: Der Beamte darf Ihnen gegenüber nicht die Aussage machen, dass ein Mitbeschuldigter ein Geständnis abgelegt habe, wenn dies tatsächlich nicht stimmt.

Werden solche Methoden während der Vernehmung angewendet, kann die Aussage im Strafverfahren nicht gegen Sie verwendet werden.

Ihnen stehen einige weitere Rechte zu. So kann Ihr Strafverteidiger ohne Weiteres Akteneinsicht beantragen. Dieser darf auch nicht von der Vernehmung ausgeschlossen werden.

7. Fazit

  • Als Beschuldigter werden Sie vorgeladen, wenn eine Ermittlungsbehörde den Verdacht einer Straftat gegen Sie hat.
  • Polizei, Steuerfahndung, Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsrichter können den Beschuldigten vernehmen.
  • Eine Vorladung der Polizei oder Steuerfahndung müssen Sie nicht befolgen, die von der Staatsanwaltschaft und von dem Ermittlungsrichter hingegen schon.
  • Sie haben das Recht zu schweigen. Eine Aussage sollten Sie nicht ohne anwaltliche Beratung machen.
  • In einigen Fällen müssen Sie einen Strafverteidiger hinzuziehen. Andernfalls wird Ihnen ein Pflichtverteidiger zugeteilt.
  • Der Ermittlungsbehörde muss Sie vor der Vernehmung über Ihre Rechte belehren. Bei der Art und Weise der Vernehmung sind gewisse Grenzen einzuhalten. Verstöße machen Beweise oft unverwertbar.