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Beschlagnahme und dinglicher Arrest bei Steuerforderungen

„Dinglicher Arrest“ mag altertümlich klingen. Doch dahinter steckt ein durchaus aktuelles Rechtsmittel zur Zwangsvollstreckung (§ 324 AO). Immer wieder rufen Mandanten bei uns an, bei denen vom Finanzamt ein dinglicher Arrest angeordnet wurde, so dass nun eine größere Summe auf dem Firmen- oder Privatkonto festliegt. Beim Arrest hat der Mandant keinen Zugriff auf das betroffene […]

„Dinglicher Arrest“ mag altertümlich klingen. Doch dahinter steckt ein durchaus aktuelles Rechtsmittel zur Zwangsvollstreckung (§ 324 AO). Immer wieder rufen Mandanten bei uns an, bei denen vom Finanzamt ein dinglicher Arrest angeordnet wurde, so dass nun eine größere Summe auf dem Firmen- oder Privatkonto festliegt.

Beim Arrest hat der Mandant keinen Zugriff auf das betroffene Vermögen mehr. Diese Maßnahme kommt auch bei den Finanzämtern in Regensburg München, der Oberpfalz und in ganz Bayern gar nicht so selten vor. Das Finanzamt muss vorher weder einen Steuerbescheid erlassen noch eine Steueranmeldung erhalten haben – die Sicherung vorab ist gerade der Zweck des steuerlichen Arrests.

Als Rechtsanwalt kläre ich in solchen Fällen umgehend, auf welcher Grundlage der Arrest erfolgt ist und wie so schnell wie möglich die Aussetzung der Vollstreckung erreicht werden kann.

Der dingliche Arrest: für das Finanzamt eine scharfe Waffe

Der dingliche Arrest ist nur bei einer Geldforderung des Finanzamts möglich. Das können Steuern sein, Säumniszuschläge, Zinsen, Kosten, Bußgelder oder ähnliches mehr. Das vom Arrest betroffene Vermögen bleibt zwar weiter auf dem Konto. Darüber verfügen kann der Inhaber allerdings nicht mehr, denn es soll Forderungen des Finanzamts absichern. Alternativ kann der Arrest statt Geld auch Vermögensgegenstände betreffen, Immobilien beispielsweise.

Die Anordnung eines Arrests dient zur Sicherung der Vollstreckung einer Forderung des Finanzamts. Er ist jedoch auch dann möglich, wenn diese Forderung noch gar nicht genau beziffert ist oder erst in der Zukunft geltend gemacht werden kann.

Einen richterlichen Beschluss benötigt das Finanzamt für den dinglichen Arrest einer Forderung nicht. Es muss lediglich begründen können, dass der entsprechende Sachverhalt tatsächlich vorliegt: dass etwa eine Steuerschuld besteht oder ein Verstoß gegen Steuervorschriften erfolgt ist.

Ein Beispiel für den steuerlichen Arrest

Auch wenn die Höhe der Umsatzsteuerschuld noch nicht endgültig feststeht, und das Jahr vielleicht noch nicht beendet ist, kann die absehbare Forderung des Finanzamts bereits durch einen Arrestbeschluss über ein Firmenkonto gesichert werden. Das wäre beispielsweise möglich, wenn die Geschäftsführung auf einmal begonnen hat, sehr viel Geld an eine Offshore-Gesellschaft in Panama zu überweisen und die Finanzbeamten befürchten, dass die Steuerschuld nicht mehr beglichen wird und spätere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen keine Erfolgsaussichten mehr bieten.

Willkürlich darf das Finanzamt den Arrest nicht verhängen

Nach Gutdünken darf der Arrest jedoch nicht erfolgen. Vielmehr müssen dafür verschiedene Voraussetzungen vorliegen. Im Kern muss es schwierig oder sogar unmöglich erscheinen, dass das Finanzamt seine Forderung später noch durchsetzen kann.

Als Arrestgrund wird in der Regel das Verhalten des Steuerschuldners angeführt: etwa, dass der Geschäftsführer des Unternehmens in größerem Umfang begonnen hat, Grundstücke, Maschinen, Fahrzeuge oder andere Vermögensgegenstände zu verkaufen. Ein typischer Arrestgrund wäre auch, dass als Reaktion auf eine Mitteilung der Steuerfahndung Bankguthaben aufgelöst werden, oder dass der Sitz der Geschäftsleitung häufig wechselt.

Ohne Sicherungsbedürfnis kein Arrest

Für den Arrest fehlen die Voraussetzungen, wenn die Vollstreckung von vornherein ausgeschlossen ist, etwa nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Gleiche gilt, wenn kein Sicherungsbedürfnis vorliegt, weil die Finanzbehörde bereits über Sicherheiten verfügt, etwa über einen vollstreckbaren Titel.

Vermögensarrest im Strafrecht – auch im Steuerstrafverfahren

Neben dem dinglichen Arrest im Steuerrecht gibt es eine ähnliche Möglichkeit auch im Strafrecht, und damit auch im Steuerstrafrecht. Der strafrechtliche Vermögensarrest kann schon während des Ermittlungsverfahrens erfolgen. Das soll die Vermögensabschöpfung nach einer Verurteilung sicherstellen.

Somit haben die Finanzbehörden zwei derartige Sicherungsinstrumente zur Verfügung:

  • den steuerlichen Arrest gemäß § 324 AO im Rahmen des normalen Besteuerungsverfahrens
  • den Vermögensarrest nach § 111e StPO im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens.

Die unterschiedlichen Möglichkeiten, gegen einen Arrest vorzugehen

Für meine Mandanten macht es im Zweifel keinen Unterschied, welchen Arrest die Finanzbehörden wählen. Sie stehen so oder so vor dem akuten Problem, keinen oder nur noch eingeschränkte Zugriff auf das Firmenkonto oder anderes Vermögen zu haben.

Für mich als Rechtsanwalt spielt es jedoch eine große Rolle, ob es sich um einen dinglichen Arrest nach den Regeln der Strafprozessordnung (§ 111d StPO) oder um einen Arrest nach den Regeln der Abgabenordnung (§ 324 AO) handelt. Denn dafür gelten jeweils unterschiedliche Voraussetzungen, und es gibt jeweils andere Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.

  • Bei einem Arrest nach der Abgabenordnung ist ein Einspruch möglich, oder man geht direkt vor das Finanzgericht.
  • Das Rechtsmittel gegen einen Arrestbeschluss nach StPO-Regeln ist die Beschwerde, erst einmal ans Amtsgericht oder (je nach den Umständen) dann ans Landgericht.

In beiden Fällen stellt sich dabei in der Regel vor allem die Frage, ob die Anordnung des Arrests verhältnismäßig war.

Aussetzung der Vollziehung

Ohne Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird der Arrest selbst dann vollzogen, wenn ein Einspruch oder eine Beschwerde erfolgt. Der Zugriff auf Geld oder Vermögen lässt sich nur dadurch wieder herstellen, dass so schnell wie möglich Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird.

Dieser Antrag ist in der Regel eine meiner ersten Maßnahmen, wenn ich Mandanten in solchen Fällen gegenüber den Steuerbehörden vertrete.

Sofort den Anwalt anrufen

Wenn einem Unternehmen aufgrund einer Arrestanordnung des Finanzamts eine größere Summe nicht mehr zur Verfügung steht, hat das Folgen für den Cash-Flow. In der Regel muss die Geschäftsführung eine teure kurzfristige Finanzierung besorgen, um die Situation zu überbrücken – schon weil der Geschäftsführer für manche Zahlungen wie etwa Sozialversicherungsbeiträge persönlich haftet. Andernfalls sind Zahlungsstockungen bis hin zur vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit die Konsequenz, Gift für den Ruf und die Geschäftsbeziehungen.

Schon deshalb ist offensichtlich, dass es auf die Zustellung einer Arrestanordnung des Finanzamts nur eine sinnvolle Reaktion geben kann: umgehend beim Anwalt anzurufen.