1. Vorbereitung
Grundsätzlich sollten Sie Ihren Steuerbescheid immer auf Fehler überprüfen. Sofern beantragte und tatsächlich festgesetzte Steuererstattung jedoch in erheblichem Maße voneinander abweichen, sollten Sie auf jeden Fall noch einmal genauer hinschauen.
Fehleranalyse
Ein erfolgreicher Einspruch beginnt mit einer gründlichen Fehleranalyse. Nur wenn Sie dabei zu der Einschätzung gelangen, dass überhaupt Fehler vorliegen, können Sie dagegen im Wege des Einspruchs vorgehen.
Achten Sie dabei zunächst darauf, dass die wesentlichen Formalia stimmen, insbesondere, ob
- alle Stammdaten zutreffend angegeben sind (Name, Anschrift, Steuernummer, Steuer-ID, Bankverbindung von Ihnen und ggf. Ihrem Ehepartner) und
- das für Sie zuständige Finanzamt gehandelt hat.
Im Übrigen vergleichen Sie die in Ihrer Steuererklärung getätigten Angaben mit denen im Steuerbescheid. Beginnen Sie dabei mit den Festsetzungen. Prüfen Sie, ob sämtliche in Ihrer Steuererklärung angegebenen Positionen in vollem Umfang berücksichtigt wurden. Ist dies der Fall, besteht grundsätzlich kein Anlass, Einspruch einzulegen. Bestehen jedoch Differenzen. wurde also zu Ihren Ungunsten abgewichen – ziehen Sie den Erläuterungsteil des Bescheides (oft mit „Erläuterungen zur Festsetzung“ überschrieben) zu Rate. Dort sollte festgehalten sein, aus welchen Gründen einzelne Positionen ggf. nicht berücksichtigt werden konnten. Fehlt eine entsprechende Begründung, muss das nicht bedeuten, dass das Finanzamt die Positionen nicht berücksichtigt hat. Das Finanzamt kann auch schlicht vergessen haben, dies in seiner Begründung zu erwähnen. Dagegen vorgehen können und sollten Sie im Zweifel trotzdem, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Finanzamt die Position tatsächlich nicht berücksichtigt hat.
Nachdem Sie die Festsetzungen geprüft haben, können Sie sich dem Berechnungsteil (oft mit „Besteuerungsgrundlagen“ überschrieben) zuwenden. Hier liegt regelmäßig der Schwerpunkt der Fehlersuche. Dort prüfen Sie insbesondere, ob sämtliche
- Einkünfte,
- Sonderausgaben (z.B. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Ausbildungskosten, Spenden),
- steuerfreien Einnahmen (z.B. Kranken-, oder Elterngeld) sowie
- alle außergewöhnlichen Belastungen (z.B. Unterhalts-, Kranken-, Pflege- oder Beerdigungskosten)
der Höhe nach korrekt wiedergegeben sind und – wie beantragt – berücksichtigt wurden. Achten Sie auch auf die jeweiligen Zwischen- und Endbeträge.
Außerdem sollten Sie folgende Fragen im Hinterkopf behalten:
- Stimmt die Berechnung der Entfernungspauschale für Ihren Arbeitsweg?
- Wurden alle Frei- und Pauschbeträge berücksichtigt?
- Wurden ggf. Vorauszahlungen einkalkuliert?
Unklarheiten? Nachfragen!
Sollten bestimmte Inhalte des Bescheids aus Ihrer Sicht unverständlich oder widersprüchlich sein, so scheuen Sie sich nicht, mit den Finanzbehörden in Kontakt zu treten und um Erklärung zu bitten. Auf diese Weise können Sie Missverständnissen vorbeugen und die Korrektur Ihres Bescheides frühzeitig in die richtigen Bahnen lenken.
Falls Ihnen im Rahmen der Prüfung eigene Fehler auffallen (Positionen wurden vergessen oder versehentlich falsch übermittelt), so können Sie diese ebenfalls mit in Ihre Fehleranalyse aufnehmen und im Rahmen des Einspruchs korrigieren lassen.
2. Der Einspruch
Sind Sie im Rahmen der Überprüfung des Steuerbescheids zu dem Schluss gelangt, dass dieser Fehler enthält, können Sie im Wege des Einspruchs dagegen vorgehen. Handelt es sich lediglich um kleinere bzw. offensichtliche Fehler im Bescheid (z.B. Schreibfehler, Rechenfehler o.Ä.), können Sie auch einfach beim Finanzamt anrufen oder anderweitig formlos Kontakt aufnehmen und um eine Korrektur bitten. Offensichtliche Unrichtigkeiten können so zumeist schneller behoben werden.
Form
Oft hört oder liest man, der Einspruch gegen einen Steuerbescheid könne formlos erfolgen. Das stimmt so nicht. Zwar sind die Hürden für in den Einspruch denkbar gering. Sie brauchen also kein bestimmtes Formular oder dergleichen auszufüllen. Eine Form sieht das Gesetz aber sehr wohl vor. Dort heißt es nämlich:
Schriftlich bedeutet, dass der Einspruch handschriftlich oder maschinell abgefasst und eigenhändig unterzeichnet sein muss. Eine einfache E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht – auch wenn im Gesetz die elektronische Form erwähnt wird. Dazu wäre erforderlich, dass die Behörde einen elektronischen Zugang eröffnet hat und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Das ist in den seltensten Fällen gegeben. Die Niederschrift zu Protokoll setzt Ihre Anwesenheit bei der Behörde voraus und ist eher unpraktisch.
Frist
Die Frist für den Einspruch gegen einen Steuerbescheid beträgt regelmäßig einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheids. Für die Bekanntgabe des Einspruchs gilt zumeist die Drei-Tages-Fiktion und der Einspruch gilt in diesem Fällen am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben.
Mit Ablauf der Frist wird der Steuerbescheid formell bestandskräftig und kann dann nur noch in äußerst engen Grenzen korrigiert werden, etwa wenn Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche „offenbare Unrichtigkeiten“ vorliegen.
Begründung
Die Begründung ist gewissermaßen das „Herzstück“ des Einspruchs und für dessen Erfolg von elementarer Bedeutung. Sie beruht auf der zuvor durchgeführten Fehleranalyse. Dementsprechend sind hier spiegelbildlich zu den Mängeln im Bescheid alle rechtlichen und tatsächlichen Argumente ins Feld zu führen, die Ihre Auffassung stützen.
Unter Einbeziehung der Begründungen im Erläuterungsteil müssen Sie dazu im Einzelnen darlegen, warum die Ablehnung aus Ihrer Sicht unzutreffend ist. Dies erfordert die Kenntnis der jeweils einschlägigen Rechtslage unter Berücksichtigung fach- und höchstgerichtlicher Rechtsprechung.
Kosten
Der Einspruch beim Finanzamt ist kostenlos.
3. Wann Sie Ihren Einspruch zurücknehmen sollten
Legen Sie Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid ein, prüft ihn die Behörde als Ganzes erneut.
Hat die Behörde über Ihren Einspruch entschieden, so wird sie entweder am angegriffenen Bescheid festhalten oder ihn abändern. Bei einer Abänderung sind wiederum zwei Szenarien denkbar: Entweder erfolgt die Änderung zu Ihren Gunsten (geringere Steuerlast als im angegriffenen Bescheid) oder zu Ihren Ungunsten (höhere Steuerlast als im angegriffenen Bescheid).
Dass auch zu Ihren Ungunsten entschieden werden kann, erklärt sich so: Da die Behörde den Bescheid umfassend prüft, kann sie bei der erneuten Prüfung auch auf Fehler aufmerksam werden, die sie bei ihrer ursprünglichen Entscheidung noch übersehen hatte. Die Behörde kann dann den Bescheid im Einspruchsverfahren korrigieren. Dies kann zur Folge haben, dass die Steuerlast höher als im ersten Bescheid ausfällt. Eine solche „Verböserung“ des Bescheids ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden, da der Behörde durch den Einspruch die Gelegenheit gegeben wird, ihre Entscheidung umfassend neu zu prüfen.
Sollte aus Sicht der Behörde eine Verböserung in Betracht kommen, ist sie verpflichtet, Sie darauf hinzuweisen. Ihnen gibt das die Gelegenheit, den Nutzen Ihres Einspruchs von Grund auf neu zu überdenken. Sollte nämlich die drohende Steuerlast höher sein als die durch den Einspruch zu erzielende Steuerreduzierung, könnte eine Rücknahme des Einspruchs angebracht sein. In diesem Fall bleibt es bei dem ursprünglichen Steuerbescheid.
4. Fazit
- Offensichtliche Fehler (Schreib- oder Rechenfehler) berichtigt das Finanzamt meist umgehend. Einen Einspruch müssen Sie dann nur sicherheitshalber einlegen, wenn die Frist auszulaufen droht. Ansonsten genügt ein Antrag auf schlichte Änderung.
- Die Frist für den Einspruch beträgt 1 Monat ab Bekanntgabe. Der Bescheid gilt zumeist drei Tage nachdem der Brief zur Post aufgegeben wurde als bekanntgegeben.
- Für den Einspruch gilt Schriftform (hand- oder maschinenschriftlich geschrieben und unterschrieben!).
- „Herzstück“ des Einspruchs ist die Begründung. Hier sollten Sie sich im Zweifel Unterstützung holen.
- Nach einem Einspruch kann es passieren, dass die Behörde zu Ihren Ungunsten neu bescheidet. Dann sollten Sie eine Rücknahme des Einspruchs in Erwägung ziehen. Auch hier hilft Ihnen ein Steuerrechtler.
5. Was wir für Sie tun können
Die Prüfung von Steuerbescheiden gehört für uns zum Grundhandwerk. Wir beraten Sie bei allen Fragen rund um den Einspruch und stehen Ihnen mit unserem Anwaltsteam auch im Falle einer gerichtlichen Klärung des Steuerbescheids zur Seite.