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Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung bei Kryptowährungen

Kryptowährungen haben sich in den letzten Jahren von einem Nischenthema für risikofreudige Investmentnerds zu einem sowohl aus betriebswirtschaftlicher und steuerrechtlicher Sicht als auch in der gesellschaftlichen Diskussion relevantem Thema entwickelt. Inzwischen steht fest, dass Gewinne aus dem Verkauf oder Tausch von Kryptowährungen versteuert werden müssen. Die fehlerhafte oder fehlende Angabe von Gewinnen aus Krypto-Verkäufen in der Steuererklärung kann den Straftatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen.

1. Kryptowährungen als Geldanlage und Spekulationsobjekt

Kryptowährungen ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von digitalen oder virtuellen Zahlungsmitteln. Sie unterscheiden sich von klassischen Währungen aufgrund ihrer dezentralen und kryptografisch abgesicherten Basis, der Blockchain.

Es existieren tausende Kryptowährungen; die meisten davon wurden nicht von Zentralbanken oder anderen öffentlichen Stellen herausgegeben. Die Emittenten sind oftmals nicht einmal bekannt, auch bei der populärsten Kryptowährung Bitcoin. Kryptowährungen gewinnen zunehmend an Akzeptanz, denn neben ihrer Alternative zum klassischen Geld eröffnen sie auch diverse Möglichkeiten als Geldanlage und Spekulationsobjekt. Dies macht die enorme Bedeutung des digitalen Zahlungsmittels deutlich.

Nicht nur Bitcoin, sondern auch Ethereum, Litecoin und viele andere Kryptowährungen lassen sich inzwischen an Börsen handeln und bieten damit auf verschiedenen Wegen Aussicht auf Gewinne.

2. Steuerpflicht für Gewinne mit Kryptowährungen

Mit der zunehmenden gesellschaftlichen Akzeptanz von Kryptowährungen wird das Thema aus staatlicher Sicht als Regelungsgegenstand relevant. So hat das BMF am 10. Mai 2022 ein Schreiben zur ertragssteuerlichen Behandlung von Kryptowährungen veröffentlicht.

Inzwischen hat auch der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. Februar 2023 (AX.: IX R 3/22) festgestellt, dass Veräußerungsgewinne, die ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen erzielt, als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig sind.

Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass Kryptowährungen andere Wirtschaftsgüter seien, die Gegenstand einer Anschaffung und Veräußerung im Sinne des § 23 EStG sein können. Ein Anschaffungs- bzw. Veräußerungstatbestand nach dieser Vorschrift liege z.B. beim Tausch einer Kryptowährung gegen klassische Währungen wie Euro oder US-Dollar, aber auch gegen andere Kryptowährungen dar.

Die Hintergründe zur Entscheidung vor dem BFH: Im konkreten Fall ging es um einen Kläger, der privat mit diversen Kryptowährungen handelte. Er hat Bitcoin, Ethereum und Monero erworben, getauscht und wieder veräußert Und dadurch im Jahr 2017 einen Gewinn von insgesamt 3,4 Mio. Euro erzielt. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung und dem Tausch von Kryptowährungen der Einkommenssteuer unterliegt. So kam es zum Streit zwischen dem Kläger und dem Finanzamt, der 2023 vor dem BFH ein vorläufiges Ende fand.

Ob dieses Urteil auch das endgültige Ende darstellt, ist noch nicht sicher. Dem Kläger steht jetzt nur noch die Möglichkeit der Befassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) offen. Wie die Richter in Karlsruhe entscheiden würden, ist nicht vorherzusagen, so dass bis auf weiteres von der Steuerpflicht privater Krypto-Gewinne auszugehen ist.

3. Folgen für private Anleger und Spekulanten

Gewinne aus dem Handel mit Kryptwährungen sind steuerpflichtig. Damit sind sie auch in der Steuererklärung anzugeben. Der erzielte Gewinn ergibt sich dabei aus der Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis.

Zwei Einschränkungen der Steuerpflicht

  1. Eine erste Einschränkung der Steuerpflicht besteht darin, dass der Zeitraum zwischen der jeweiligen Anschaffung und Veräußerung weniger als ein Jahr beträgt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer einjährigen Spekulationsfrist. Soweit die Anleger vor Verstreichen der einjährigen Frist ihre Coins verkaufen, so sind die Gewinne daraus der Einkommenssteuer unterworfen und müssen in der Steuererklärung angegeben werden.
    Anders als bei anderen Wertanlagen führen die Banken keine Abgeltungssteuer auf Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen ab. Nach Ablauf der Frist von einem Jahr sind die anschließenden Verkäufe steuerfrei.
  2. Beträgt der Gesamtgewinn von privaten Veräußerungsgeschäften im Kalenderjahr weniger als 600 Euro, so tritt von vornhinein keine Steuerpflicht ein. Bei der Ermittlung der Wertgrenze müssen sämtliche Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften zusammenaddiert werden. Der Steuersatz richtet sich nach dem Einkommenssteuertarif des Anlegers. Die Abgeltungssteuer kommt hier nicht zum Tragen.

Beispiel: Privatanleger P hat 2022 mit dem Handel von Kryptowährungen einen Gewinn von 550 Euro erzielt. Im Rahmen seines Umzugs hat er alte Möbel auf Ebay und ausrangierte Kleidung auf Vinted verkauft. Er hat Gewinne von 300 Euro erzielt. Da P nicht gewerblich Möbel bzw. Kleidung verkauft, gelten seine Gewinne nicht als Gewerbeeinkünfte, sondern – genau wie die Gewinne aus dem Handel mit Kryptowährungen – als private Veräußerungsgeschäfte. Folglich sind die 550 Euro und die 300 Euro zu addieren.

P muss nun die kompletten 850 Euro versteuern. Wenn nämlich die Freigrenze von 600 Euro erreicht wird, so ist der Gewinn insgesamt – und nicht nur der die 600 Euro übersteigende Teil – steuerpflichtig.

Es gibt keine klare gesetzliche Regelung, welche Methode für die Bestimmung des Gewinns anzuwenden ist. Allerdings dürften Finanzämter eher zur FIFO-Methode tendieren, die auch bei anderen Geldanlagen genutzt wird. Bei wird davon ausgegangen, dass die zuerst ins Wallet eingegangene Coins, (first in), diese auch zuerst wieder verlassen (first out).
Infografik Steuerpflicht Krypto

4. Welche Strafen drohen bei Steuerhinterziehung?

Für die Zukunft ist klar: Wurden im Kalenderjahr Krypto-Gewinne erzielt, bei denen die Coins weniger als ein Jahr in der Wallet lagen, und übersteigen die Gewinne (zusammen mit anderen privaten Veräußerungsgeschäften) 600 Euro, so sind sie in der Steuererklärung anzugeben.

Was ist aber nun mit Gewinnen aus dem Handel mit Kryptowährungen, die VOR der finanzgerichtlichen Bestätigung der Steuerpflicht erzielt wurden? Da es noch keine höchstrichterliche Entscheidung gab, haben Anleger die Gewinne womöglich nicht in der Steuererklärung angegeben und in der Folge könnte die Steuerpflicht gegebenenfalls verkürzt gewesen sein, weil sie die Gewinne nicht versteuert haben. Dies kann den Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 Abgabenordnung (AO)) erfüllen. Für Steuerhinterziehung droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren, oder eine Geldstrafe. Auch ohne Vorsatz kann die Steuerverkürzung strafbar sein. Bei grober Fahrlässigkeit kommt eine Geldbuße wegen leichtfertiger Steuerverkürzung (§ 378 AO) in Betracht. Hierbei handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Es gilt also für die Steuerhinterziehung durch den Handel mit Kryptowährungen die gleiche Strafbarkeit wie bei anderen Steuerstraftaten.

Die Unsicherheiten, die bis zum Urteil des BFH zur Besteuerung von Gewinnen mit Krypto-Gewinnen bestanden, verhindert im Übrigen keine Strafe. Bei allen Finanzgeschäften in Deutschland gilt der der klare Konsens:

„Unwissenheit schützt nicht vor Strafe“

Die Steuerhinterziehung verjährt in der Regel nach 5 Jahren. In besonders schweren Fällen verjährt sie erst nach 15 Jahren. Letztere ist etwa bei einer Steuerhinterziehung großen Ausmaßes gegeben, von der ab einer Steuerverkürzung von 50.000 Euro ausgegangen wird. Die Verjährung kann zudem unterbrochen oder gehemmt werden, wodurch sich die Verjährungsfrist deutlich verlängern kann.

5. Kommt die fehlende Angabe von Krypto-Gewinnen überhaupt ans Licht?

Das Risiko der Entdeckung von bislang nicht versteuerten Gewinnen aus dem Handel mit Kryptowährungen wird zusehends höher. Die Steuer- und Strafverfolgungsbehörden haben inzwischen diverse Quellen, auf die sie zur Ermittlung zurückgreifen können:

  • Datenanfragen an Krypto-Plattformen: Unter anderem die Bitcoin-Plattform bitcoin.de hat bestätigt, Kundendaten an Ermittlungsbehörden weitergegeben zu haben. In den konkreten Einzelfällen bestand seitens der Ermittlungsbehörden ein berechtigtes Interesse, eine Straftat aufzuklären.
  • Sammelauskunftsersuchen an Kryptdienstleister: Ermittlungsbehörden haben mit Sammelauskunftsersuchen die Möglichkeit, Informationen von den Handelsplattformen oder Vermittlungsstellen einzuholen, um erforderliche Daten zur Steuerfestsetzung einzuholen. Dafür müssen jedoch konkrete Verdachtspunkte einer Steuerhinterziehung vorliegen.
  • Rückverfolgung der Transaktion in der Blockchain: Die Rückverfolgung der Transaktion ist bei transparenten Blockchains problemlos möglich. Allerdings stellen sich grundrechtliche Fragen.

Darüber hinaus können Ermittlungsbehörden Geldwäscheverdachtsmeldungen von zur Auskunft Verpflichteten (z.B. Banken) einholen und es gibt diverse europäische und internationale Initiativen für den automatischen steuerlichen Informationsaustausch. Bei ausländischen Handelsplattformen sind die Ermittlungen zwar schwieriger, aber im Zweifelsfall können die Finanzbehörden sogar zur Hausdurchsuchung greifen.

6. Ist eine Selbstanzeige die Lösung?

Eine Selbstanzeige kann in der Tat eine Möglichkeit sein, wenn private Anleger ihre Krypto-Gewinne in der Vergangenheit nicht vollständig oder gar nicht in ihrer Steuererklärung angegeben haben. Wenn die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Selbstanzeige erfüllt sind, kann sie eine Bestrafung wegen vorsätzlicher oder leichtfertiger Steuerverkürzung (§§ 371 Abs. 1, 378 Abs. 3 AO) verhindern. Für eine wirksame Selbstanzeige müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Die strafbefreiende Wirkung tritt nämlich nur ein, wenn der Steuerpflichtige die Selbstanzeige vollständig und rechtzeitig eingereicht hat.

7. Selbstanzeige vornehmen – alleine oder mit Hilfe eines Anwalts?

Die Entscheidung für die Vornahme einer Selbstanzeige sollte wohl bedacht und mit einem Experten – z.B. einem Fachanwalt für Steuerrecht – besprochen werden. Sofern eine Selbstanzeige in Betracht kommt, unterstützt der Anwalt dabei.

Die Erstellung einer korrekten Selbstanzeige ist bereits im Normalfall komplex. Im Zusammenhang mit Kryptowährungen stellen sich darüber hinaus weitere vielschichtige Schwierigkeiten: Handel, Holding, Mining, Staking etc. müssen steuerrechtlich korrekt eingeordnet werden. Weiter stellt sich z.B. die Frage, wem Kryptowährungen tatsächlich wirtschaftlich zuzurechnen sind, wenn etwa der sog. Private Key nicht nur einer Person bekannt ist. Solche Fragen haben enorme Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Selbstanzeige.

In der Praxis ergeben sich aufgrund der wenigen Urteile und Verwaltungsanweisungen eine Vielzahl von Fallstricken in der Beurteilung. Diese hohe Komplexität macht allgemeingültige Aussagen praktisch unmöglich. Um Unsicherheiten bei der Besteuerung zu vermeiden, sollte man sich von einem Rechtsanwalt im individuellen Einzelfall beraten zu lassen. Der Fachmann kann Empfehlungen zur steuerrechtlichen Behandlung von Gewinnen aus dem Handel mit Kryptowährungen geben und bei der Prüfung einer möglichen Selbstanzeige unterstützen. Er berät zur Selbstanzeige und betreut das Selbstanzeigeverfahren.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Stellung der Selbstanzeige ist die Zusammenführung aller für die Besteuerung relevanten Informationen über die Art der Transaktionen, den Umfang und den jeweiligen Zeitpunkt. Häufig agieren Anleger nicht nur über eine Wallet oder ein Portal, sondern bedienen sich mehrerer Quellen, so dass alle diese Informationen zusammengestellt werden müssen. Die Qualität der gelieferten Informationen durch die Handelsplattformen ist dabei sehr unterschiedlich; nicht zuletzt, weil es in der Regel um weltweithandelnde Unternehmen geht und bislang kaum regulatorische Anforderungen an das Reporting bestehen.

Zwar gibt es inzwischen verschiedene Software-Lösungen zur Erhebung der steuerlich relevanten Daten. Allerdings sind diese nicht zertifiziert, so dass sich Anleger nicht allein auf die Ergebnisse der Software-Lösungen verlassen können.

8. Das Wichtigste auf einen Blick

  • Der BFH hat klargestellt: Gewinne aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen stellen – wenn sie verschiedene Voraussetzungen erfüllen – ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft dar und müssen in der Steuererklärung angegeben werden.
  • Die Nichtangabe von entsprechenden Gewinnen kann den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllen.
  • Wer seine Krypto-Gewinne in der Vergangenheit nicht oder nicht vollständig in seiner Steuererklärung angegeben hat, der kann gut damit beraten sein, eine Selbstanzeige zu stellen. Mit der Selbstanzeige kann der Steuerpflichtige straffrei bleiben, wenn diese vollständig und rechtzeitig gestellt wurde.
  • Aufgrund der Unübersichtlichkeit und Vielschichtigkeit beim Handel mit Kryptowährungen sowie zahlreichen komplexen Rechtsfragen ist eine rechtliche Beratung im Einzelfall unerlässlich. Fehler bei der Erklärung können zur Verwirkung der Straffreiheit führen und eine volle Bestrafung wegen Steuerhinterziehung nach sich ziehen.