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So gelingt die Umwandlung einer GmbH zur Genossenschaft

In Deutschland werden mehr als 7.000 Unternehmen als eingetragene Genossenschaften (eG) geführt, die häufig in der Bau- und Wohnungswirtschaft sowie im Banken-, Einzelhandels- oder Energiesektor tätig sind. Ein genauer Blick lohnt sich, um die Vor- und Nachteile der Umwandlung einer GmbH zur Genossenschaft zu verstehen.

1. Was macht eine Genossenschaft aus?

Die Genossenschaft unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Gesellschaftsformen. Die wichtigsten Unterschiede sollen hier dargestellt werden:

Zweck einer Genossenschaft

Der Zweck einer Genossenschaft ist in § 1 Genossenschaftsgesetz (GenG) geregelt. Genossenschaften sollen demnach den Erwerb, die Wirtschaft oder die kulturellen und sozialen Belange ihrer Mitglieder fördern. Die Rechtsform eignet sich also für ein breites Spektrum unternehmerischer Tätigkeiten. Der Genossenschaft liegen dabei vor allem die Prinzipien der Selbstverantwortung und Selbstverwaltung zu Grunde. Dies zeigt insbesondere der nächste Abschnitt.

Mitglieder und Organe

Die zuvor genannten Prinzipien weisen auf den Kern einer Genossenschaft hin. Die Mitglieder (natürliche und juristische Personen, z.B. selbst eine GmbH) sollen von der Mitgliedschaft profitieren; sie sind also Träger und zugleich Geschäftspartner der Genossenschaft. Zudem müssen sie sich durch eine Einlage wirtschaftlich in die Genossenschaft einbringen. Anders als bei der GmbH ist aber keine Mindesteinlage nötig.

Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft dürfen grundsätzlich nur aus dem Kreis ihrer Mitglieder stammen. Die in GmbHs übliche Leitung durch einen Fremd-Geschäftsführer ist daher nicht möglich.

Die drei Hauptorgane der Genossenschaft sind

  • die Generalversammlung,
  • der Vorstand
  • und der Aufsichtsrat.

In der Generalversammlung kommen die Mitglieder zusammen und treffen zentrale Entscheidungen über die Genossenschaft. Anders als in der Gesellschafterversammlung einer GmbH haben alle Mitglieder dasselbe Stimmrecht und die Höhe der Kapitalbeteiligung ist gerade nicht entscheidend. Bei einer Genossenschaft mit mehr als 1.500 Mitgliedern kann die Satzung bestimmen, dass statt der General- eine Vertreterversammlung tagt. Diese besteht dann aus mindestens 50 Vertretern, die für die übrigen Mitglieder sprechen.

Die General- bzw. Vertreterversammlung wählt auch den Aufsichtsrat. Dieser übernimmt die wesentlichen Kontrollaufgaben gegenüber dem Vorstand.

Dem Vorstand obliegt die allgemeine Geschäftsleitung der Genossenschaft nach innen und die Vertretung nach außen. Er wird je nach Satzung von der Generalversammlung oder dem Aufsichtsrat gewählt.

Der Aufbau ähnelt damit in gewisser Weise dem einer AG.

Haftungsregeln

Als juristische Person haftet die Genossenschaft grundsätzlich nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Die Mitglieder müssen für die Schulden also grundsätzlich nur indirekt durch ihre geleisteten Einzahlungen aufkommen. Bei Insolvenz kann es gegebenenfalls geboten sein, dass die Mitglieder zusätzliche Einzahlungen leisten. Durch eine entsprechende Satzungsregelung kann dies aber ausgeschlossen werden.

2. Vor- und Nachteile der Genossenschaft

Aus dem Aufbau und Charakter der Genossenschaft ergeben sich einige Vorteile, die diese Gesellschaftsform für ihre Mitglieder haben könnte. Gegenüber der GmbH sind aber auch Nachteile zu berücksichtigen.

Geringes Insolvenzrisiko und Mitgliederbeteiligung

Die komplexe Beziehung von Mitgliedern und Unternehmen ist eine Besonderheit der Genossenschaft und führt im Idealfall zu einer starken Verbundenheit. Dazu trägt auch die Gleichheit der Mitglieder hinsichtlich des Stimmrechts bei. Alle Mitglieder profitieren gleichermaßen vom wirtschaftlichen Erfolg und von guter Unternehmensführung.

Mitglieder mit einer hohen Beteiligung müssen allerdings den Nachteil hinnehmen, dass sie gegenüber der GmbH erheblich an Einfluss verlieren. Ihr Stimmrecht hat dasselbe Gewicht wie das aller anderen Mitglieder.

Riskantes Handeln und Spekulation werden eingehegt, was sich in der geringen Insolvenzrate von Genossenschaften niederschlägt (erstes Halbjahr 2015 z.B. 0%).

Zudem müssen Genossenschaften Mitglied eines sog. Prüfungsverbandes sein, der regelmäßig ihre Bücher prüft. Dies steigert die Verlässlichkeit der Zahlen.

Diese Zwangsmitgliedschaft verursacht allerdings auch Kosten, die zumindest einer nicht-prüfungspflichtigen GmbH erspart bleiben.

Sicherheit und Flexibilität

Diese Sicherheit der Genossenschaft wird flankiert von ihrer Flexibilität: Für den Beitritt neuer Mitglieder sind weder notarielle Mitwirkung noch Änderungen der Satzung notwendig, lediglich eine schriftliche Erklärung des Interessenten. Es gilt das Prinzip der „offenen Mitgliedschaft“, wodurch der Ein- und Austritt recht problemlos möglich ist. Damit ist bei erfolgreicher Unternehmensführung auch ein schnelles Wachstum der Mitgliedschaft möglich.

Zum Vergleich: Tritt ein neuer Gesellschafter in die GmbH ein, müssen die Satzung geändert (inkl. Notarkosten) und Eintragungen im Handelsregister durchgeführt werden.

Beim Austritt aus der Genossenschaft erhalten Mitglieder zudem lediglich den Nennwert ihrer Einlage zurück; es erfolgt keine Auszahlung von erwirtschafteten Gewinnen oder Rücklagen der Genossenschaft. Die Vorteile sollen vor allem während der Mitgliedschaft entstehen und genutzt werden. Dadurch ist die finanzielle Stabilität des Unternehmens auch im Falle eines Austritts von Mitgliedern gesichert.

Hierin mag man – je nach Geschäftsinteresse – auch den entscheidenden Nachteil gegenüber der GmbH sehen.

Steuerliche Vorteile

Die Rechtsform der Genossenschaft bietet zudem auch gewisse steuerliche Vorteile: So sind Genossenschaften zwar grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig, bei Geschäften mit Genossenschaftsmitgliedern können die daraus erwirtschafteten Gewinne aber ggf. als Rücklage verbucht werden. Damit kann sich der zu versteuernde Gewinn erheblich mindern. In bestimmten Branchen (z.B. Wohnungsbau, Landwirtschaft) sind Genossenschaften sogar vollständig von der Gewerbesteuer befreit.

Auch von der grundsätzlich zu zahlenden Körperschaftssteuer können Ausschüttungen an die Mitglieder ggf. abgezogen werden, wenn diese als Rückvergütungen klassifiziert werden.

Dies ist freilich nur ein positiver Nebeneffekt, als reines Steuersparmodell sollten Genossenschaften nicht angesehen werden.
Vor- und Nachteile einer Genossenschaft im Überblick
VORTEILE NACHTEILE
Geringes Insolvenzrisiko Geringerer Einfluss für Anteilseigner mit hoher Beteiligung
Beteiligung aller Mitglieder mit demselben Stimmgewicht Im Vergleich zu nicht-prüfungspflichtiger GmbH höherer Kostenaufwand
Zwangsmitgliedschaft im Prüfungsverband erhöht Verlässlichkeit der Bücher Anteil an Genossenschaft ist weniger geeignet, gewinnbringend verkauft zu werden
Flexibler Ein- und Austritt ohne notarielle Beurkundung
Steuerliche Vorteile durch günstige Rücklagen- und Abzugsregeln

3. Die Umwandlung von der GmbH zur Genossenschaft

Es bleibt die Frage, wie die Umwandlung von einer GmbH zur Genossenschaft erfolgreich gestaltet werden kann.

Der Formwechsel ist grundsätzlich eine besondere Art der Umwandlung und richtet sich deshalb nach dem Umwandlungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG, §§ 190 ff. UmwG). Das Unternehmen bleibt bestehen, es ändert sich lediglich die Rechtsform.

Dabei sind zwei Schritte entscheidend:

  1. Die Beschlussfassung und
  2. Der Vollzug.

Diese sollen hier grob dargestellt werden. Zur fehlerfreien Durchführung des Formwechsels lohnt es sich, einen Rechtsanwalt für Gesellschaftsrecht hinzuzuziehen.

Die Beschlussfassung

Den Wechsel der Rechtsform legen die Anteilsinhaber grundsätzlich durch den sogenannten Umwandlungsbeschluss fest. Dieser ist notariell zu beurkunden. Er muss zudem einen gewissen Mindestinhalt haben, damit er wirksam ist (§§ 193, 194 UmwG).

Dazu gehören unter anderem:

  • Die neue Rechtsform des Unternehmens
  • Name und Firma des Rechtsträgers
  • Die Beteiligung (und deren Umfang) der bisherigen Anteilsinhaber am neuen Unternehmen
  • Ein Abfindungsangebot an die Anteilsinhaber, die dem Formwechsel widersprechen
  • Folgen des Formwechsels für Arbeitnehmer des Rechtsträgers

Zudem müssen die Gründungsvorschriften für die Genossenschaft entsprechend angewendet werden. Das bringt insbesondere folgende Voraussetzungen sich:

  • Mindestens drei Mitglieder müssen vorhanden sein
  • Diese müssen eine Satzung vereinbaren und unterschreiben
  • Zudem ist ein sog. Wirtschaftskonzept nötig, das einer Art Businessplan ähnelt
  • Notwendig ist auch eine sog. Gründungsprüfung durch den Prüfungsverband (s.o.).

Beim Formwechsel ist es natürlich nicht selten, dass eine Minderheit gegen sie stimmt. Diesen Anteilsinhabern muss ein Barabfindungsangebot gemacht werden.

Der Vollzug

Ist der Umwandlungsbeschluss gefasst, kommt es auf den entsprechenden Vollzug an, damit die Umwandlung wirksam wird.

Zunächst sind Anmeldungen zur Registereintragung nötig. Dabei müssen die Vertreter des Unternehmens dem Registergericht versichern, dass eine Klage gegen den Umwandlungsbeschluss nicht erfolgreich erhoben wurde bzw. nicht mehr fristgerecht erhoben werden kann. Andernfalls kann die Eintragung nur erfolgen, wenn alle Anteilsinhaber notariell beurkundet auf ihr Klagerecht verzichten.

Wenn auch diese Hürde genommen ist, wird die Eintragung wirksam. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt auch der Vermögensübergang auf die nun existente Genossenschaft.

4. Fazit

  • Die Genossenschaft ist als Rechtsform in vielen Wirtschaftszweigen anwendbar.
  • Ihr Kern besteht in der intensiven Einbindung der Mitglieder, die gleichzeitig Nutzer und Träger des Unternehmens sind.
  • Gegebenenfalls ergeben sich steuerliche Vorteile aus der Rechtsform der Genossenschaft.
  • Gegenüber der GmbH bestehen aber auch Nachteile: Zum Beispiel steht Mitgliedern bei ihrem Ausstieg nur der Nennwert ihrer Einlage zu und auch Mitglieder mit hoher Beteiligung haben kein besonderes Stimmrecht.
  • Für die Umwandlung einer GmbH in eine Genossenschaft sind ein formgerechter Umwandlungsbeschluss sowie die Eintragung beim Registergericht notwendig; hier ist anwaltliche Beratung dringend zu empfehlen.