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Unterschlagung (§ 246 StGB): Strafe bei Anzeige – Verjährung

Die Unterschlagung gehört zu den häufigsten Delikten, von denen Unternehmen betroffen sind. Doch wann genau wird eigentlich von Unterschlagung gesprochen? Worauf ist zu achten und wie reagiert man am besten auf ein Ermittlungsverfahren?

1. Unterschlagung schnell erklärt

Die Unterschlagung ist in § 246 StGB geregelt. Demnach macht sich als Täter strafbar, wer vorsätzlich

  • eine fremde, bewegliche Sache
  • sich oder einem Dritten
  • rechtswidrig zueignet.
Beispiel: Ein Mitarbeiter eines Unternehmens steckt einen Prototypen ein, die Vertreter einer anderen Firma nach einer Vorstellung in den Betriebsräumen vergessen und seitdem nicht wiedergefunden hatten.

Eine sogenannte veruntreuenden Unterschlagung liegt dann vor, wenn dem Täter die Sache anvertraut worden war. Ein solcher Fall kann zum Beispiel bei zur Durchführung der beruflichen Tätigkeit anvertrauten Gegenständen vorliegen. Die Strafandrohung ist hier höher.

Beispiele:

  • Der Mitarbeiter eines Unternehmens behält den Dienstwagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Ein Vertreter veräußert auf eigene Rechnung Produkte, die für die Vorführung beim Kunden gedacht waren.

Möglich ist auch, dass der Täter die Sache einem anderen zugutekommen lässt, nicht sich selbst.

Als Tatobjekt kommt nur eine fremde bewegliche Sache in Betracht, sprich: nur physische Gegenstände können unterschlagen werden. Die Unterschlagung von Ansprüchen ist somit nicht möglich.

Strafbar ist nur die vorsätzliche Unterschlagung. Wer eine fremde bewegliche Sache also „unabsichtlich“ behält, macht sich nicht strafbar.

Beispiel: Das Unternehmen stellt den Mitarbeitern bestimmte Eigenprodukte als Weihnachtsgeschenke bereit. A bedient sich versehentlich am falschen Stapel, der höherwertige Produkte enthält, und verschenkt sie.

Da hier die Beweisführung jedoch schwierig sein kann, empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit einem Anwalt.

2. Klassische Fälle der Unterschlagung

Zur Verdeutlichung sollen hier einige Fälle genannt werden, in denen der Straftatbestand der Unterschlagung häufig verwirklicht ist.

Unterschlagung einer gefundenen Sache

Im Falle der Fundunterschlagung steckt der Täter eine im Eigentum eines Dritten stehende verlorene Sache ein, um sie zu behalten, anstatt sie beim Eigentümer, Arbeitgeber oder im Fundbüro abzugeben.

Unterschlagung von Bargeld

Der „Griff in die Kasse“: Dieser Fall tritt besonders häufig auf, weil geringe Hürden bestehen und es oft an ausreichenden Kontrollmechanismen mangelt. Gerade deswegen kann die beiläufige Entwendung von Barmitteln aus Kassen oft auch über längere Zeit hinweg geschehen, wodurch sich unter Umständen beträchtliche Summen ansammeln können.

Unterschlagung am Arbeitsplatz

Wegen einer Unterschlagung macht sich ein Angestellter strafbar, der Gegenstände von seinem Arbeitsplatz einbehält. Je nach Stellung im Betrieb und konkreter Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses kommt hier aber auch ein Diebstahl in Betracht.

Beispiel: Der Handwerker in einem Betrieb veräußert das Werkzeug ohne Genehmigung an Dritte.

3. Abgrenzung zu anderen Vermögensdelikten

Bei kaum einem anderen Straftatbestand spielt die Abgrenzung zu anderen Delikten eine größere Rolle. Denn einfach gesagt ist die Unterschlagung ein „Auffangtatbestand“ für andere Vermögensdelikte.

Wenn eine Unterschlagung angenommen werden könnte, ist oftmals zugleich ein anderer Straftatbestand verwirklicht, der dann zu einer höheren Strafe führen kann.

Die Unterscheidung der Unterschlagung von anderen Delikten ist nicht immer leicht. Hier ein grober Überblick:

Abgrenzung zum Diebstahl

Von einem Diebstahl spricht man, wenn dem Besitzer gegen dessen Willen eine Sache weggenommen wird. Bei der Unterschlagung hat der Täter die Sache hingegen bereits „in seinen Händen“, z.B. weil der Eigentümer ihm die Sache verliehen oder anderweitig anvertraut hat. Für eine Unterschlagung muss der Täter sich die Sache dann nur noch „zueignen“. Das bedeutet: Er macht nach außen erkennbar, dass er die Sache nun als seine ansieht. Klassisches Beispiel: Der Bankmitarbeiter steckt Bargeld der Bank, das er verwaltet, in sein Portemonnaie ein.

Sehr einfach gesagt liegt ein Diebstahl vor, wenn eine Sache weggenommen wird. Eine Unterschlagung ist hingegen anzunehmen, wenn der Täter eine Sache einbehält.

Abgrenzung zum Betrug

Im Unterschied zum Betrug sind bei der Unterschlagung kein Vermögensschaden und keine Bereicherungsabsicht des Täters erforderlich. Es können also auch völlig wertlose Gegenstände unterschlagen werden. Außerdem ist der Betrug auch im Zusammenhang mit Forderungen etc. möglich. Anders als bei der Unterschlagung muss es also nicht um eine gegenständliche Sache gehen.

Vor allem ist notwendig, dass das Opfer eines Betrugs (oder ein Dritter) über einen Umstand irrt und deshalb selbst sein Vermögen schädigt (z.B. indem es eine Zahlung an den Betrüger anweist).

Bei der Unterschlagung greift der Täter hingegen typischerweise selbst zu.

Verhältnis zur Untreue

Auch die Untreue geht über die Unterschlagung hinaus. Das vom Täter beeinträchtigte Vermögen muss ihm hier besonders anvertraut sein. Man spricht von einer Vermögensbetreuungspflicht. Die Schwelle liegt höher als bei der o.g. veruntreuenden Unterschlagung. Die Vermögensbetreuungspflicht muss den wesentlichen Inhalt der Vertragsbeziehung ausmachen.

Beispiele:

  • Der Geschäftsführer einer GmbH, der private Rechnungen mit dem Geld der Gesellschaft bezahlt, macht sich wegen Untreue strafbar.
  • Der Bürgermeister nutzt öffentliche Gelder, um sich unmittelbar bei Wahlkampfhelfern zu bedanken.

Bei der Unterschlagung ist eine solche Rechtsbeziehung zwischen Täter und Geschädigtem nicht erforderlich. Der Zugriff auf die Sache muss nur faktisch bestehen.

4. Welche Strafe droht bei einer Unterschlagung?

Die einfache Unterschlagung wird mit Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft, eine veruntreuende Unterschlagung mit bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann daneben ein Berufsverbot drohen. Dies ist insbesondere zu erwarten, wenn die Unterschlagung unter Missbrauch der beruflichen Berechtigungen verübt wurde.

Beispiel: Der Chefarzt einer Abteilung entwendet gefährliche Medikamente des Krankenhauses und verkauft sie auf eigene Rechnung.

Bei einer Verurteilung zu einer Geldstrafe über 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe über drei Monaten erfolgt zudem eine Eintragung ins polizeiliche Führungszeugnis.

Wie hoch das Strafmaß letzten Endes tatsächlich ausfällt, hängt von vielen individuellen Faktoren ab, beispielsweise

  • dem Wert der unterschlagenen Sache,
  • Vorstrafen des Täters oder
  • einer möglichen Schadenswiedergutmachung.

5. Wann verjährt eine Unterschlagung?

Die Unterschlagung verjährt nach fünf Jahren. Die Frist beginnt grundsätzlich mit Beendigung der Tat, wird aber durch zahlreiche Ereignisse unterbrochen, etwa durch jede richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder den Erlass eines Haftbefehls.

6. Verteidigungsmöglichkeiten

Die Strafverfolgung wegen Unterschlagung kann gravierende Folgen haben. Umso wichtiger ist eine effektive Verteidigung, für die sich oft einige Ansatzpunkte bieten. Dies sind beispielsweise:

Vermeidung eines Imageschadens

Angestellten kommt zugute, dass Unternehmen nur selten ein Interesse an einem potenziell imageschädlichen öffentlichen Prozess haben, beispielsweise wenn dadurch fehlende Kontrollmechanismen im Unternehmen offengelegt würden. Wird mit einer Strafanzeige gedroht, lässt sich daher oft eine einvernehmliche Lösung finden.

Erfährt die Staatsanwaltschaft aber einmal von dem Vorgang, ist es oft zu spät und das geschädigte Unternehmen kann die Ermittlungen meist nicht mehr aufhalten.

Nur unter bestimmten Voraussetzungen – nämlich im familiären Kontext oder bei der Unterschlagung geringwertiger Sachen – wird die Unterschlagung nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag der Betroffenen verfolgt. Allein in diesen Fällen hat der Geschädigte Einfluss darauf, ob die Ermittlungen ausbleiben oder eingestellt werden.

Einstellung des Verfahrens oder Freispruch

Falls eine Strafanzeige bereits erfolgt ist, wird der Verteidiger bei der Staatsanwaltschaft auf eine Einstellung des Verfahrens hinwirken. Die Vorwürfe werden dann entweder bedingungslos oder gegen (Geld-)Auflage fallengelassen. Sollte dies nicht mehr möglich sein, kommt noch der Erlass eines Strafbefehls in Betracht, wodurch ein öffentliches Gerichtsverfahren vermieden wird. Ggf. lässt man es auf einen Prozess ankommen, in dem dann auf einen Freispruch hingewirkt wird.

Irrtümer und Vorsatz

Ob das Verfahren eingestellt wird oder ein Freispruch erfolgt, hängt im Wesentlichen davon ab, wie gut die Staatsanwaltschaft ihren Vorwurf beweisen kann. Gerade beim notwendigen Vorsatz fällt ihr das oft schwer.

Der Strafverteidiger wird Zweifel daran sähen, dass der Beschuldigte tatsächlich von allen Umständen wusste, die seine Strafbarkeit ausmachen.

Beispiel: Ist der Beschuldigte etwa davon ausgegangen, dass er bestimmte Gegenstände privat verbrauchen durfte, kann es am Vorsatz fehlen.

Aneignung oder nur ausgeliehen?

Angreifbar ist oft auch der Vorwurf, der Beschuldigte wollte sich den Gegenstand dauerhaft zueignen. Die Staatsanwaltschaft muss hier aufgrund bestimmter Handlungen beweisen, dass er den Gegenstand endgültig für sich behalten wollten. Viele solcher Handlungen sind aber zweideutig und reichen für eine Verurteilung nicht aus.

Beispiel: Nur weil der Beschuldigte dabei gesehen wird, wie er Firmeneigentum in seinen Kofferraum lädt, belegt dies nicht zwangsläufig eine Unterschlagung. Je nach Umständen des Einzelfalls ist denkbar, dass er damit zum Kunden fahren wollten o.ä.

7. Richtiges Verhalten bei einem Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung

Kenntnis vom Vorwurf der Unterschlagung werden Sie häufig durch eine Vorladung bei der Polizei erhalten. Auch eine Hausdurchsuchung oder sogar die Anordnung von Untersuchungshaft sind möglich.

Wichtig: Stimmen Sie sich möglichst schnell mit einem erfahrenen Anwalt für Wirtschaftsstrafrecht ab und sagen Sie bis dahin nicht aus! Das Schweigen im Ermittlungsverfahren darf nicht zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden. Schweigen sollten Sie auch gegenüber Ihrem Arbeitgeber, den Mitarbeitern oder dem Betriebsrat. Diese Personen haben nämlich später kein Schweigerecht, sondern sind als Zeugen zu einer Aussage verpflichtet.

Ihr Strafverteidiger kann uneingeschränkte Einsicht in die Ermittlungsakte verlangen und sich gemeinsam mit Ihnen nach deren Durchsicht und Klärung der tatsächlichen Sach- und Beweislage das weitere Vorgehen überlegen.

8. Fazit

  • Wegen Unterschlagung macht sich strafbar, wer sich oder einem Dritten vorsätzlich eine fremde, bewegliche Sache rechtswidrig zueignet.
  • In vielen Fällen ist gleichzeitig ein schwereres Delikt verwirklicht, z.B. Diebstahl oder Untreue.
  • Es drohen Geldstrafe, Berufsverbot und/oder bis zu fünf Jahre Haft.
  • Die Unterschlagung verjährt innerhalb von fünf Jahren.
  • Einem erfahrenen Strafverteidiger bieten sich oft zahlreiche Ansätze, um die Vorwürfe anzugreifen.
  • Wer vom Tatverdacht als Beschuldigter Kenntnis erlangt, sollte unbedingt von seinem umfassenden Schweigerecht Gebrauch machen.