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Strafe und Verjährung bei Anzeige wegen Urkundenfälschung

Wer Dokumente fälscht, macht sich strafbar. So weit, so bekannt. Doch wann genau begeht man eine Urkundenfälschung? Und wie können Sie sich verteidigen? Über die Urkundenfälschung sind viele Irrtümer verbreitet. Wir klären sie auf.

1. Voraussetzungen und Arten der Urkundenfälschung

Urkundenfälschung ist nicht gleich Urkundenfälschung. Das Gesetz sieht eine Fülle von Tatbeständen vor, die in jeweils unterschiedlichen Fällen erfüllt sind. Wir gehen auf die wichtigsten ein.

Achtung: Die Urkundenfälschung ist eins der kompliziertesten Gebiete des Strafrechts. Wir können hier daher nur grob auf die Voraussetzungen eingehen.

Die klassische Urkundenfälschung

In § 267 StGB ist die Grundform der Urkundenfälschung geregelt. Sie ist auch für das Verständnis aller übrigen Formen wichtig.

Grob gesagt wird bestraft, wer

  • eine echte Urkunde verfälscht oder
  • eine unechte Urkunde herstellt.
  • Auch allein der wissentliche Gebrauch solcher Urkunden ist strafbar (ohne selbst zu fälschen oder herzustellen).

Eine echte Urkunde wird verfälscht, wenn sie nachträglich inhaltlich geändert wird und trotzdem der Anschein entsteht, als hätte sie von Beginn an diesen Inhalt gehabt.

Beispiele:

  • Ein Vertreter nimmt ein unterschriebenes Bestellformular eines Kunden entgegen und kreuzt unbemerkt weitere Waren zur Bestellung an. Mit Abgabe des Bestellformulars war die Urkunde abgeschlossen. Die Änderung im Nachhinein stellt eine Urkundenfälschung dar.

 

  • Zwei Kunden streiten sich vor Gericht um die wirksame Kündigung ihres Geschäftsverhältnisses. Einer der beiden bearbeitet sein eigenes Kündigungsschreiben im Nachhinein so, dass es für ihn günstig ist. Auch damit begeht er eine Urkundenfälschung (obwohl das Kündigungsschreiben von ihm stammte).

Eine unechte Urkunde wird hergestellt, wenn sie den Anschein erweckt, dass jemand anderes sie ausgestellt hätte.

Beispiel: Ein Handwerker stellt sich selbst einen Meisterbrief aus, der wirkt, als habe die Berufskammer ihn ausgestellt.

Wie erwähnt, ist auch allein der Gebrauch einer gefälschten oder unechten Urkunde strafbar. Dafür notwendig ist natürlich, dass der Täter von der Manipulation weiß.

Beispiel: Der o.g. Handwerker nutzt für seinen Betrieb einen Meisterbrief, den er professionell von einem Fälscher hat herstellen lassen.

Fälschung technischer Aufzeichnungen

Klassische, physische Urkunden verlieren immer mehr an Bedeutung. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und einen ähnlichen Fälschungstatbestand für technische Aufzeichnungen geschaffen.

Darunter werden – einfach gesagt – (teil)automatisierte Darstellungen und Aufzeichnungen verstanden, die von gewisser Dauer sind. Die genaue Definition ist in § 268 Abs. 2 StGB enthalten.

Beispiele:

  • Video-/Fotoaufnahmen
  • Automatische Aufzeichnungen eines Computers (z.B. automatische Registrierung von Wareneingängen)
  • Fahrtenschreiber
  • Kilometerzähler im PKW, der mit gewöhnlichen Mitteln nicht zurückgesetzt werden kann

Auch hier ist das

  • Fälschen einer echten Aufzeichnung,
  • das Herstellen einer unechten Aufzeichnung oder
  • der Gebrauch einer solchen

strafbar.

Erfasst werden außerdem Handlungen, die Aufzeichnungen schon im Rahmen ihrer Erstellung technisch manipulieren.

Beispiel: Ein Mitarbeiter ändert die Sensitivität einer Warenwaage so, dass sie deutlich zu geringe Gewichtsangaben ausgibt.

Fälschung digitaler Daten

Ein weiterer digital ausgerichteter Tatbestand kommt hinzu. Auch Manipulationen von beweiserheblichen Daten sind strafbar.

Einfach gesagt: Beeinträchtigungen von Daten sind im gleichen Maß untersagt wie die von Urkunden. Im Detail ergeben sich für die Anwendung allerdings neue Herausforderungen. Z.B. ist nur die Manipulation von Daten strafbar, die auf Dauer angelegt sind.

Beispiel: Anmeldung und Auftragseingaben in einem Bestellportal unter falschem Namen und falscher Adresse.

Fälschung von öffentlichen Urkunden

Besonders streng geht der Gesetzgeber gegen die Manipulation von öffentlichen Urkunden, also solchen von Behörden etc., vor. Nach § 271 StGB macht sich strafbar, wer dafür sorgt, dass öffentliche Urkunden mit unzutreffenden Inhalten ausgestellt werden.

Dies betrifft z.B.

  • Notarielle Beurkundung der Niederschrift einer Hauptversammlung
  • Pässe
  • Schul- und Hochschulabschlusszeugnis
  • Geburtenregister
  • Aufenthaltsgenehmigungen

Anders als sonst ist hier also auch die Richtigkeit des Inhalts geschützt.

Beispiel für inhaltlich fehlerhafte private Urkunde: Führt der Arbeitgeber im Arbeitszeugnis nie geleistete Tätigkeiten auf, so ist das zwar eine Lüge, aber keine strafbare Urkundenfälschung. Die Urkunde weist den richtigen Aussteller aus und wurde im Nachhinein nicht mehr abgeändert. Sie ist damit echt und nicht gefälscht.

Beispiel für inhaltlich fehlerhafte öffentliche Urkunde: Sorgt ein Bürger dafür, dass sein offizielles Ausweisdokument ein falsches Geburtsdatum ausgibt, ist diese Urkunde zwar ebenfalls echt und nicht gefälscht; die inhaltliche Fehlerhaftigkeit hat aber schwereres Gewicht. Wegen des besonderen Vertrauens in die inhaltliche Richtigkeit öffentlicher Urkunden ist dieses Vorgehen strafbar.

Achtung: Die inhaltliche Richtigkeit ist nur insoweit geschützt, wie der öffentliche Aussteller für sie einsteht. Dies lässt sich z.B. am Handelsregister verdeutlichen. Dessen Inhalte belegen lediglich, dass sie so vom zuständigen Organ (z.B. Geschäftsführer) angemeldet wurden. Ob sie inhaltlich zutreffen, hat das Registergericht nicht überprüft. Strafbar ist deshalb nur, wenn Anmeldungen unter einer veränderten Identität gemacht werden, nicht aber inhaltlich falsche Angaben durch die zuständige Person.

Fälschung amtlicher Ausweise

Strafbar macht sich auch, wer amtliche Ausweise nach ihrer Ausstellung manipuliert. Tathandlungen sind das Entfernen, Unkenntlich machen, Überdecken, Unterdrücken von Eintragungen oder das Gebrauchen derart manipulierter Ausweise.

Beispiele für Ausweise:

  • Personalausweise
  • Reisepass
  • Führerschein
  • Studentenausweis
  • Dienstausweis bei öffentlicher Beschäftigung

Schon die Vorbereitung derartiger Handlungen ist strafbar (s. § 275 Abs. 1 StGB). Dasselbe gilt für die Beschaffung, Verwahrung, Überlassung, Ein- und Ausführung gefälschter Ausweise (s. § 276 StGB).

Unterdrückung von Urkunden und technischen Aufzeichnungen

Bisher ging es im Wesentlichen um die Manipulation von Urkunden. Aber auch an einwandfreien Urkunden kann man sich strafbar machen. § 274 StGB sieht eine Strafe für das

  • Unterdrücken,
  • Beschädigen oder
  • Vernichten

echter Urkunden oder technischer Aufzeichnungen vor, die dem Täter gar nicht oder zumindest nicht allein gehören. Ähnliches gilt in digitaler Form für beweiserhebliche Daten. Notwendig ist jeweils die Absicht des Täters, den Betroffenen zu benachteiligen.

Beispiel: Wettbewerber X zerstört den Reisepass des Geschäftsführers G, um ihn an einer wichtigen Geschäftsreise zu hindern.

Fälschung von Impfausweisen

Im Zuge der Coronapandemie hat der Gesetzgeber einen weiteren Straftatbestand eingeführt: Die Vorbereitung der Fälschung von Impfausweisen. Dies betrifft allerdings nur sog. Blankett-Impfausweise, also solche, die noch auf keinen Inhaber ausgestellt sind.

Strafbare Handlungen sind

  • das Eintragen nicht durchgeführter Schutzimpfungen in solche Ausweise,
  • das Verschaffen,
  • das Freihalten,
  • das Verwahren,
  • das Überlassen oder
  • das Ein- und Ausführen solcher Ausweise.

Alle anderen Formen der Fälschung von Impfausweisen sind in anderen Straftatbeständen geregelt.

Beispiel: Stellt ein Arzt einen Impfausweis aus, obwohl keine Impfung erfolgt ist, macht er sich wegen der Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse strafbar.

Schutz von Gesundheitszeugnissen

Gesundheitliche Zeugnisse sind besonders geschützt. Dazu zählen etwa Atteste (etwa der Unverträglichkeit von Coronamasken), Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Impfnachweise, Gutachten über den Gesundheitszustand und vieles mehr.

Strafbar macht sich, wer ein solches Zeugnis mit einer Bezeichnung erstellt, die ihm gar nicht zusteht.

Beispiel: Der Täter stellt eine AU-Bescheinigung aus und unterschreibt als Arzt. Tatsächlich ist er gar nicht (mehr) approbiert.

Ärzte selbst machen sich strafbar, wenn sie unrichtige Zeugnisse ausstellen. Auch hier ist also – anders als sonst – auch die inhaltliche Richtigkeit der getroffenen Aussagen geschützt.

Beispiel: Arzt A stellt ein Attest aus, obwohl er weiß, dass der Patient kerngesund ist.

Auch der Gebrauch solcher Zeugnisse im Rechtsverkehr ist strafbar.

Beispiel: Z zeigt bei der Einlasskontrolle zum Konzert einen gefälschten 2G-Nachweis vor. Ohne Nachweis wäre ihm der Zutritt verweigert worden.

Oft begehen Täter in diesem Zusammenhang zugleich einen Abrechnungsbetrug.

2. Diese Strafe droht für Urkundenfälschung

So unterschiedlich die Tatbestände der Urkundenfälschung, so unterschiedlich auch das anzuwendende Strafmaß. Welche Strafe genau verhängt wird, entscheidet der Richter nach seinem Ermessen. Das Gesetz gibt lediglich einen Rahmen vor. Ausschlaggebende Kriterien sind u.a.:

  • Der Umfang des Schadens
  • Das Ausmaß krimineller Energie
  • Die Vorwerfbarkeit (Nachlässigkeit vs. Planerisch kriminell)
  • Das Nachtatverhalten (Reue, Versuche zur Wiedergutmachung,…)
  • Einschlägige Vorstrafen

Für die einfache Urkundenfälschung ist eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vorgesehen.

Beispiel: Wer erstmalig verurteilt wird und nicht systematisch Urkunden gefälscht hat, darf meist mit einer Geldstrafe oder einer Bewährungsstrafe rechnen.

Sind weitere Kriterien erfüllt, steigert das Gesetz das Strafmaß auf sechs Monate bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Das kommt laut Gesetzeswortlaut in Betracht, wenn der Täter

  • gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
  • einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt (ab ca. 50.000 €),
  • durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
  • seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger missbraucht.

Eine weitere Verschärfung ist für Banden vorgesehen, die gewerbsmäßig handeln. Dann liegt der Strafrahmen in der Regel zwischen ein und zehn Jahren.

Für die Fälschung technischer Aufzeichnungen gelten dieselben Vorgaben. Die übrigen dargestellten Tatbestände sind mit ähnlichen Strafen bedroht. Teils reichen sie nur bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe (so etwa die Veranlassung der Falschbeurkundung öffentlicher Zeugnisse), teils auch nur bis zu einem Jahr (z.B. Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse).

3. Verteidigungsansätze bei Anzeige wegen Urkundenfälschung

Wie schon erwähnt, sind die Tatbestände der Urkundenfälschung ausgesprochen kompliziert. Die Staatsanwaltschaft muss dem Beschuldigten dezidiert zahlreiche Details nachweisen, was sie vor eine große Herausforderung stellt. Dementsprechend viele Verteidigungsansätze bieten sich.

Hier einige Beispiele:

  • Zentral ist zunächst, dass der Täter vorsätzlich gehandelt haben muss. Es genügt nicht, dass er bloß fahrlässig gehandelt hat.
  • Schon der Begriff der Urkunde, Daten oder technischen Aufzeichnung ist kompliziert. Viele Dokumente taugen nicht für eine Urkundenfälschung, obwohl es auf den ersten Blick so scheint.
  • In den meisten Fällen setzt die Strafbarkeit voraus, dass der Beschuldigte die Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr nutzen möchte. Diese Absicht muss erst einmal bewiesen werden. Geht es allein um den privaten Gebrauch o.ä., wird die Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklage scheitern.
  • Vieles läuft heute digital ab; in der Hand gehaltene Urkunden sind immer seltener. Digitale Objekte eignen sich aber schlechter für eine Urkundenfälschung, weil der Gesetzgeber meist eine gewisse Beständigkeit des Täuschungsobjektes voraussetzt.
Besonders wichtig: Beschuldigte sollten nach einer Vorladung durch die Polizei, Staatsanwaltschaft oder den Ermittlungsrichter ihr Schweigerecht nutzen! Machen Sie keine Aussage ohne vorherige anwaltliche Beratung!

4. Wann verjährt Urkundenfälschung?

Urkundenfälschung verjährt grundsätzlich nach fünf Jahren. Anschließend droht Beschuldigten keine Strafverfolgung mehr. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die Tat beendet ist.

Natürlich ist die Verjährungsfrist unterbrochen, sobald die Behörde einmal die Ermittlungen gegen den Beschuldigten aufgenommen hat.

Die o.g. Verjährungsfrist von fünf Jahren gilt für alle oben dargestellten Delikte außer:

  • § 277 StGB: Unbefugtes Ausstellen von Gesundheitszeugnissen
  • § 279 StGB: Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse
  • § 281 StGB: Missbrauch von Ausweispapieren

In diesen Fällen beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre.

5. Fazit

  • Es gibt zahlreiche Formen der Urkundenfälschung. Strafbar macht sich in erster Linie, wer eine abgeschlossene Urkunde inhaltlich ändert oder den Anschein erweckt, die Urkunde sei von jemand anderes ausgestellt worden.
  • Technische Aufzeichnungen und digitale Daten werden ähnlich geschützt.
  • Urkunden öffentlicher Stellen und Gesundheitszeugnisse genießen einen noch höheren Schutz. Hier macht man sich bereits strafbar, wenn der Inhalt unzutreffend ist.
  • Die Urkundenfälschung in ihrer Grundform ist mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren belegt. Je nach Unterform der Urkundenfälschung nimmt das Strafmaß zu oder ab.
  • Gegen den Vorwurf der Urkundenfälschung bieten sich oft zahlreiche Verteidigungsansätze.